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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0095
Pfarrer Blumenstetter

Sauter aus Boll) meldete den Vorgang nach Freiburg, worauf das Ordinariat eine
eingehende Untersuchung einleitete. Auch Blumenstetter wurde zu einer Stellungnahme
aufgefordert, der in seiner Antwort bemerkte, daß er das Abstinenzgebot an
sich durchaus achte und befolge. Er müsse aber am Freitagmittag etwas Fleisch essen,
weil er Mehlspeisen nicht vertrage. Dafür faste er am Freitagabend 2S°. Nach einigen
Schreibereien hin und her wurde den bei dem Essen anwesenden Geistlichen aufgegeben
, im Kloster Gorheim Exerzitien zu machen, „um den priesterlichen Geist zu
erneuern" "7.

Bei der weitaus überwiegenden Mehrzahl seiner Pfarrkinder war Blumenstetter
auch in seiner neuen Pfarrgemeinde Trillfingen bald sehr beliebt und geachtet. Sie
waren stolz auf ihn und nannten ihn, wie Lehrer Fink in seiner Aufzeichnung über
Blumenstetter sagt, mit Respekt „ausa Hairle" m, Fink kam als junger Provisor,
wie man die Junglehrer damals nannte, nach Trillfingen. Er wohnte zeitweise im
Pfarrhaus und hat seinen Pfarrer häufig auf seinen Spaziergängen begleitet. Er
spricht voll Hochachtung von Blumenstetter, und seine Aufzeichnungen sind besonders
auch deshalb wertvoll, weil sie auch Einblick in die mehr private Sphäre des
Pfarrers geben. Fink nennt Blumenstetter einen überaus eifrigen und gewissenhaften
Seelsorger. Wie die meisten Wessenbergianer legte er der Predigt und dem Religionsunterricht
besonderen Wert bei. Jede Predigt bereitete er gründlich vor. Schon drei
bis vier Wochen im voraus schrieb er den Text auf und brachte immer wieder Verbesserungen
an. Er hatte eine Bibliothek von außergewöhnlichem Umfang. Der
ganze Pfarrhof vom Keller bis zum Dachfirst war mit Büchern und Zeitschriften
angefüllt. Bei der Predigtvorbereitung benutzte er aber nie eine Vorlage. Er schöpfte
aus seinem großen Wissen, wobei — so Fink — seine Gedanken nur so aus ihm heraussprudelten
wie ein Brünnlein. Gerne flocht er auch Verse oder Bilder aus der
Natur in die Predigt ein, denn Blumenstetter hatte auch eine poetische Ader. Voll
Begeisterung spricht Fink von einer Osterpredigt, die er als die schönste bezeichnet,
die er in seinem langen Leben gehört habe. Blumenstetters sonore Stimme habe den
weiten Kirchenraum durchzittert und die Zuhörer erschüttert. Auch in der Schule
habe er es verstanden, den Stoff interessant zu gestalten und die Schüler damit an
den Unterricht zu fesseln. Das sonst meist übliche Auswendiglernen im Religionsunterricht
, das gerade den Kindern auf dem Lande oft schwerfalle, habe es bei ihm
nicht gegeben. Er habe jede Frage im Katechismus zuerst vorgelesen, dann vorlesen
lassen, und dann habe er sie in einer für die Kinder verständlichen Weise erklärt.
So sei der Unterricht für sie mehr zur Unterhaltung als zur Qual geworden, und
alle hätten ihn geachtet und verehrt. Dabei konnte er auch energisch durchgreifen,
wenn es notwendig war. Fink schilderte einen Vorfall, der dafür bezeichnend ist.
Der Provisor hatte auch Unterricht in der Sonntagsschule für die aus der Schule entlassenen
Jungen. Unter diesen befand sich ein die anderen an Körperlänge weit
überragender Schüler, der sich oft lümmelhaft benahm. Als sich der einem solchen
Tunichtgut nicht gewachsene Junglehrer nicht mehr zu helfen wußte, schickte er zum

1,6 EAF, Personalakten Blumenstetter.

127 EAF, Personalakten Blumenstetter und Volm.

428 HB. Hech., Erinnerungen Finks an Blumenstetter (K 800). — »ausa Hairle" — hochdeutsch .unser
(geistliches) Herrlein" — ist eine in den hohenzollerischen und angrenzenden Landgemeinden
noch heute übliche Bezeichnung für den Pfarrgeistlichen.

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