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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0112
Hugo Lädier

zogene Bekenntnis zum Staat, konkret zum konstitutionellen Staat, zum Kriterium
einer für seine Kreise ebenfalls typischen Einteilung der Nation in Reichsfreunde
und Reichsfeinde. Reichsfreunde dann die, die den Staat bejahten, wie er 1871 entstanden
war, und Reichsfeinde a) die Ultramontanen, die eine Auffassung vom
Staat hätten, die sich die romanischen Völker bieten lassen mögen, nicht aber „das
Volk der Gebildeten", b) die Sozialisten, die Rümelin abqualifizierte als eine Gesellschaft
„verkommener Literaten und katilinarischer Existenzen", c) die Demokraten
, die zwar nicht „alle Bildung und sittliche Ordnung" bekämpften, sondern
nur die bestehende Staatsform; das Beste an ihnen, daß sie nur ein „kleines Häuflein
" seien; und dann habe es bis vor kurzem noch die „Partikularisten" gegeben
(gemeint die Fürsten, ihre Höfe und Regierungen), die sich nun aber auf den Boden
des Reichs gestellt hätten 4.

Mit dieser Aufzählung hat nun Rümelin in der Tat die Gruppen genannt, die
gerade auch von Süddeutschland her gesehen eine bestimmte Haltung zur deutschen
Nationaleinigung einnahmen5. Als erste die, die sich - wie Rümelin selber - seit
1867 für den Anschluß der süddeutschen Staaten an den Norddeutschen Bund einsetzte
. Ihre Anhänger kamen fast durchweg aus dem gehobenen Besitz- und Bildungsbürgertum
, aus der Beamtenschaft, aus den Reihen der Militärs und der
evangelischen Geistlichkeit *. Am stärksten war diese Gruppe in Baden, wo sie sich
zudem auf den gemäßigt liberalen Großherzog Friedrich, zugleich Schwiegersohn
des Königs von Preußen, stützen konnte7. Schwach war sie in Württemberg, wo
sich die „Bettelpreußen", wie man sie nannte, zur Deutschen Partei zusammenfanden
, die dann bei den Zollparlamentswahlen im Frühjahr 1868 eine vernichtende
Niederlage durch die Anschlußgegner hinnehmen mußte 8. In Bayern wieder hatte
sie in Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, seit Neujahr 1867 Ministerpräsident
, einen vorsichtigen Anwalt ihres Anliegens im höchsten Staatsamt *. Gegen

4 In seiner Rede zur Feier des Geburtstages des Deutschen Kaisers am 22. März 1874. In: Rümelin:
Reden. S. 197 ff.

5 Die Thematik „Süddeutschland und die Reichsgründung" fand in der Säkularliteratur erstaunlich
wenig Beachtung. Im wesentlichen der Aufsatz von Karl Bosl: Die Verhandlungen über den Eintritt
der süddeutschen Staaten in den Norddeutschen Bund und die Entstehung der Reichsverfassung
. In: Reichsgründung. S. 148- 163. Dann die Spezialuntersuchung von Eberhard Weis:
Vom Kriegsausbruch zur Reichsgründung. Zur Politik des bayerischen Außenministers Graf Bray-
Steinburg im Jahre 1870. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bd. 33 (1970) S. 787-810.

6 Für diese der Aufsatz von Gerhard Schäfer: Die Württembergische Landeskirche und die Deutsche
Einigung 1864—1871. In: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 26 (1967) S. 421—431.

' Dazu Lothar Galt: Der Liberalismus als regierende Partei. Das Großherzogtum Baden zwischen
Restauration und Reichsgründung. Wiesbaden 1968.

8 Adolf Rapp: Die Württemberger und die nationale Frage 1863—1871. Stuttgart 1910.

8 Theodor Schieder: Die kleindeutsche Partei in Bayern in den Kämpfen um die nationale Einheit
1863—1871. München 1936. Michael Doeberl: Bayern und die Bismarckische Reichsgründung.
München-Berlin 1925. Für Hessen, von dem Südhessen außerhalb des Norddeutschen Bundes blieb,
dann noch Adalbert Hess: Die Landtags- und Reichtagswahlen im Großherzogtum Hessen
1865-1871. Diss. Frankfurt a. M. 1955 (Druck: Oberursel/Taunus 1958). Diese Arbeiten behandeln
im wesentlichen die zum Anschluß bereiten Parteien, die oppositionellen Kräfte bleiben
dabei mehr oder weniger Folie. In verstärktem Maß gilt dies auch für das Werk von Otto Becker:
Bismarcks Ringen um Deutschlands Gestaltung. Hrsg. und erg. v. A. Scbarff. Heidelberg 1958.

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