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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0113
Süddeutschland und die Reichsgründung

ihn und seine Parteigänger formierte sich dann mit wachsender Vehemenz die Partei
der bayerischen Patrioten 10. Ende 1869 gelang es ihr, die absolute Mehrheit in den
Kammern zu erringen und dann aus dem Parlament heraus Hohenlohe zum Rücktritt
zu bewegen, neben dem „urwüchsigen Schwabenstreich", wie das „Deutsche
Volksblatt", das Organ der württembergischen Katholiken, die Zollparlamentswahl
in Württemberg nanntedie spektakulärste Niederlage des Anschlußgedankens
in Süddeutschland.

Mit den Patrioten ist auch die Gruppe genannt, von der der breitenwirksamste
Widerstand gegen den Anschluß ausging, der katholische Bevölkerungsteil1!. Noch
anläßlich der Diskussion um die Versailler Verträge brachte die Augsburger Postzeitung
ihre Einwände vor. Man möge den Norddeutschen Bund auflösen und die
Bildung einer neuen Bundeseinheit anstreben, deren Farben die schwarz-rot-goldene
Fahne der Paulskirche sein solle, nicht aber die schwarz-weiß-rote des Norddeutschen
Bundes, da diese zum militärischen Einheitsstaat führe. Auf keinen Fall dürfe
die Verfassung des Bundes übernommen werden, da sie für die süddeutschen Länder
nicht passe, diese auch durch die Hintertür des einseitig von Preußen beherrschten
Bundesrates mediatisiere. Zudem habe der König von Preußen eine Macht in viel
absoluterem Sinn, „als Monarchen in Verfassungsstaaten gewöhnlich haben". So
sei denn auch die Pointe der Verfassung die Zentralisation der Streitkräfte in
seiner Hand, womit er zum entscheidenden Organ im Staate werde. In einem
Militärstaat aber gedeihe die „edle Pflanze bürgerlicher, echt deutscher Freiheit"
nicht. Dem stellte dann das Blatt den Reichstag in einem sehr kategorischen Satz
gegenüber: „Das Parlament ist die oberste Macht im Staate" 1S.

Es sind demokratisch-parlamentarische, föderalistische und antimilitaristische
Einwände gegen den von Preußen beherrschten Norddeutschen Bund und eine Verfassung
, die befürchten ließen, daß aus Deutschland ein Einheitsstaat, ein Macht-
und Militärstaat werde, der Freiheit, Demokratie und Parlament wenig Raum läßt.

10 Eine befriedigende Arbeit über die Patrioten gibt es nicht. Neuerdings Rolf Weber: Ultramontanismus
und Demokratie in Süddeutschland 1866 bis 1870. In: Die großpreußisch-militaristische
Reichsgründung. S. 411—437. Wertvolles Material liefert immer noch die von Andreas Niedermayer
hrsg. Zeitschrift „Die katholische Bewegung in Deutschland. Centrai-Organ für die
katholischen Vereine". Frankfurt a. M. 1868 ff.

11 Am 1. April 1868, s. Rapp: Württemberger. S. 286. Von den 17 Mandaten, die auf Württemberg
entfielen, gingen sämtliche an die Anschlußgegner. In Bayern waren es rund Vi und in Baden
die Hälfte, s. Walter Schübelm: Das Zollparlament und die Politik von Baden, Bayern und
Württemberg 1866-1870. Berlin 1935. S. 59 ff.

12 Für die Katholiken speziell Karl Bachem: Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen
Zentrumspartei. 9 Bde., Köln 1927-1932. Bd. 2 u. 3. George Windeil: The Catholics and German
Unity, 1866—1871. Minneapolis 1954. Karl Buchheim: Ultramontanismus und Demokratie. Der
Weg der deutschen Katholiken im 19. Jahrhundert. München 1963. Rudolf Uli: Die deutschen
Katholiken und Bismarcks Reichsgründung. In: Reichsgründung. S. 345—365. Im Bereich des
Norddeutschen Bundes sah die Situation für die Katholiken insofern anders aus, als diese im
allgemeinen sehr daran interessiert waren, daß auch die süddeutschen Staaten den Weg in einen
gesamtdeutschen Staat fänden bzw. ihnen dieser durch eine entsprechende Gestaltung der Verfassung
erleichtert würde, damit die konfessionellen Gewichte wieder besser ausgeglichen seien.

13 S. Erich Frisch: Die Einigung Deutschlands im Lichte der bayerischen Publizistik. Diss. Leipzig
1915. S. 15 ff.; 41 ff.

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