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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0236
Kaufhold

Die Apostelfiguren heben sich von den anderen Plastiken in St. Luzen durch ihre
faltenreichen Gewänder, die kontrapostische Bewegung und die ausdrucksstarken
Gesichter ab. Härdtle fand in der Staatsgalerie Stuttgart Stiche der zwölf Apostel
von Hendrik Goltzius, die dem Künstler in St. Luzen als Vorbild dienten 13. Die
Zeichnungen und die nach ihnen ausgeführten Figuren sind sich meist sehr ähnlich.
Nur die Gestalt des Philippus, der auf der Vorlage die Rückenansicht zeigt, war
zur Wiedergabe nicht geeignet. Der Name Nufers wird im Verding vom 10. August
1587 auch für die Apostelfiguren genannt. Doch nehmen die Kunsthistoriker wegen
des abweichenden Stils einen anderen Bildhauer an. In der Abrechnung vom
24. Juli 1588 wird mit Nufer ein „Bildhauer aus Überlingen" erwähnt, der 105
Gulden 14 Kreuzer und 2 Batzen erhält. Hossfeld schreibt die Apostelfiguren dem
Meister Michael V. von Petershausen zu, den er 1587-1588 in der Abrechnung aufgeführt
glaubt. Als Vergleich mit anderen Werken des Meisters dienen fünf Flach-
bilder eines Marienlebens, das ursprünglich in Petershausen war 14. Härdtle lehnt
auf Grund der stilistischen Vergleiche diesen Meister für die Apostelfiguren ab. Er
glaubt den Meister der Apostelfiguren in dem ohne Namen genannten „Bildhauer
aus Uberlingen" gefunden zu haben.

Der Bildhauer, der die Kanzel fertigte, Hans Aman, ist durch den Verding vom
22. Juni 1589 und sein Meisterzeichen HA an der Kanzel bekannt. Die Kanzel
fällt etwas aus dem Renaissancecharakter heraus durch ihre gotisierende Form des
Achtecks und einzelne gotische Ornamente. Die vier Evangelisten und die Muttergottes
im Strahlenkranz zählen zu den wertvollsten noch erhaltenen Plastiken in
St. Luzen. Die Figuren füllen die Nischen an der Kanzelwand ganz aus. Sie sind
voll intensiver Spannung und Bewegung. Im Schalldeckel hat sich das äußerst feine
edle Frührenaissanceornament erhalten. Weitere urkundlich belegte Arbeiten Hans
Amans am Hochaltar und Chorgestühl sind nicht mehr vorhanden.

Härdtle bespricht noch einige andere Werke Amans: die Grabmäler der Familie
Speth in Hettingen (Kr. Sigmaringen), die steinerne Wappentafel des Abtes
Michael I. Geisser (1598) von St. Georgen (heute im Heimatmuseum Villingen) und
das Wandgrab des Arbogast von Schellenberg in der Pfarrkirche zu Hüfingen
(Kr. Donaueschingen).

Aufschlußreich ist die Genealogie von Mitgliedern der Familien Aman und
Nufer, die traditionsbewußt über Generationen hinweg den gleichen künstlerischen
Beruf ausübten.

Es gibt keine kirchlichen Ausstattungen mehr, die mit St. Luzen verglichen
werden können. Die Schloßkapelle in Hegne (1595) existiert nicht mehr, und die
Kapelle des Petershofes in Freiburg i. Br. ist wegen ihres geringen Ausmaßes nur
bedingt vergleichbar, obwohl sie eine ähnliche Wandgliederung und die zwölf
Apostelfiguren aufweist.

Wir dürfen uns glücklich schätzen, daß die erste und heute noch erhaltene
Renaissancekirche Deutschlands in Hohenzollern steht. Sie zeigt uns den gewaltigen
Sprung von der Spätgotik zur Renaissance. Ihre Innendekoration ist die „erste

" Hossfeld erwähnt Härdtles Namen für diese Forschung nicht (vgl. Kunstdenkmäler Hohenrollerns,
Erster Band, S. 171).

14 Von den Reliefs befinden sich heute Verkündigung und Darbringung im Tempel im Badischen Landesmuseum
Karlsruhe, Maria Tempelgang im Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt, Geburt und
Heimsuchung in Herdwangen (Kr. Überlingen).

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