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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0243
Besprechungen

Einzelvermögen und Vermögensschichten in ein entsprechendes Verhältnis setzen lassen.
Diese Methode, die in Deutschland erstmals von Gerd Wunder Mitte der sechziger Jahre
angewandt wurde, bietet ausgezeichnete Möglichkeiten zur Illustration soziologischer Tatbestände
. Die Statistik über Besitzklassen ermöglicht nicht allein einen Vergleich zwischen
den Städten, sondern dient ebenso zur Erkennung sozialer Entwicklungen: So läßt etwa die
Veränderung des zahlenmäßigen Verhältnisses von Armen zu Reichen Rückschlüsse auf
Wachstum oder Rückgang des allgemeinen Wohlstandes zu. Aus dem geringeren Anteil der
Großvermögen am städtischen Gesamtvermögen kann eine ausgeglichene Sozialstruktur,
wie sie beispielsweise Überlingen dank seiner agrarwirtschaftlichen Grundlage besaß, erschlossen
werden. Der Einfluß von Exportgewerbe und Fernhandel äußert sich in der Anhäufung
von Großvermögen und außerordentlich starker Vermögenskonzentration in den
Händen Weniger, denen dadurch bis zu drei Vierteln des gesamten bürgerlichen Vermögens
gehören konnte (in Ravensburg besaßen 1473 die zehn reichsten Bürger 37 °/o des Gesamtvermögens
, die 100 reichsten 76 °/o). Die Analyse der wirtschaftlichen Oberschicht kennzeichnet
die ökonomische und politische Situation einer Stadt. Der hohe Anteil des Patriziats
am Gesamtvermögen der Städte (in Ravensburg besaß das Patriziat im 15. Jahrhundert
über die Hälfte des gesamten privaten Kapitals, in Memmingen im Jahr 1521
59 %>) ist sowohl Grundlage als auch Ausdruck des politischen Gewichtes, der der patri-
zischen Oberschicht auch während der Zunftherrschaft infolge der Ausübung wichtiger kommunaler
Ämter verblieben war. Der patrizische Reichtum ist die Folge von kaufmännischer
Betätigung im Groß- und bedeutenden Fernhandel, der im wesentlichen den Patriziern vorbehalten
blieb. Die Aufschlüsselung der Zünfte nach der Kapitalkraft ihrer Mitglieder gibt
Aufschluß über ihren politischen Einfluß, der nämlich von der Zahl derjenigen Zunftgenossen
abhing, die sich finanziell und beruflich ein unbezahltes und zeitraubendes Ratsamt
leisten konnten.

Als ein Ergebnis der an wertvollen Erkenntnissen reichen Untersuchungen über die
Verfassungswirklichkeit in der Zeit der Zunftherrschaft kann herausgestellt werden, daß an
der städtischen Regierung nicht nur wenige Familien teilhatten, sondern daß Rat und Gericht
infolge der Zunftverfassung, die alle Zünfte am Stadtregiment beteiligte, einem recht
großen Personenkreis offenstanden. Dieser Personenkreis erhielt laufend Zuzug von Angehörigen
aus neuen Familien. Lebenslängliche Ausübung der wichtigsten politischen Ämtei
war unbekannt, und selbst die häufige Wiederbesetzung eines Amtes mit demselben Mann
bildete eine Ausnahme. Ebenso war die gleichzeitige Ausübung verschiedener Ämter - mit
Ausnahme der Mitgliedschaft im Großen Rat - untersagt. In keiner der behandelten Städte
herrschte daher eine reine Oligarchie, wenn auch die Begrenzung des Regiments auf bestimmte
ratsfähige Geschlechter in den einzelnen Städten unterschiedlich stark war. Erst die
Hasenordnung Karls V. errichtete durch die lebenslängliche Ausübung aller Ämter, die
Zuwahl neuer Amtsträger durch die betreffenden Gremien selbst (Kooptation) und die verfassungsrechtliche
Begünstigung des Patriziats eine ausgeprägte oligarchische Regierung. Dadurch
wurden letztlich die Zustände vor der Zunftherrschaft wieder hergestellt.

Sigmaringen Maren Rehfus

Werner Hacker: Südwestdeutsche Auswanderer nach Ungarn als Durchwanderer in den
Kirchenbüchern von Ulm und Günzburg im 18. Jahrhundert. In: Südostdeutsches
Archiv, XII. Band (München 1969) S. 118-199.

Seit einiger Zeit wendet sich die wissenschaftliche Forschung wieder verstärkt der vorwiegend
im 18. Jahrhundert erfolgten deutschen Auswanderung in die südosteuropäischen
Länder zu. Besonderes Interesse finden diese Studien bei den Nachkommen jener Auswanderer
, die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wiederum in die Herkunftsgebiete
ihrer Vorfahren - oder wenigstens in deren Nähe - verschlagen worden sind.

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