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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0251
Besprechungen

Mosers Antrittsvorlesung im Jahre 1720 enthält bereits ein Lebensprogramm: »Es
möge aus der großen Zahl der Reichspublizisten ein Mann kommen, der unserer Wissenschaft
vom öffentlichen Recht eine gesicherte Grundlage schafft, indem er Arbeitskraft,
Fähigkeit und Eifer auf die Erstellung eines bereinigten, zuverlässigen und geordneten
Corpus iurium publicorum Imperii lenkt... Die Arbeiten eines Herkules warten auf den,
der dieses Werk unternimmt; ein Augiasstall ist zu reinigen, und viele weitere Mühen werden
seinen Schweiß kosten" (S. 153). Moser war selbst der hier herbeigerufene Herkules. In
einer Zeit, in der das Staatsrecht Geschichte im Sinne einer Schichtenlehre war, bedeutete es
einen wichtigen Fortschritt, wenn ein positives Staatsrecht als alleinige Rechtsgrundlage
gefordert und demgegenüber die Geschichte zur Hilfswissenschaft erklärt wurde. Seine
Rechtsquellenlehre vermag Moser in einem bündigen Satz auszudrücken: „Ex facto oritur
ius" (S. 199). Vom objektiv ausgehenden Recht grenzt Moser wiederum die Rechtspolitik
ab: „Raisonnieren darf ich insofern wohl: Ob nicht dieses oder jenes dem gemeinen Besten
zuträglicher wäre? Wenn es aber darauf ankommt, was rechtens sei, und wenn das Recht
auf einen vorliegenden Fall angewandt werden soll, so muß man nach dem Gesetz und
nicht nach seinen eigenen Gedanken sprechen" (S. 275). Diese wenigen Sätze entschlüsseln
bereits Mosers Werk, in dessen Mittelpunkt das vielbändige „Ternsche Staatsrecht" (1737
bis 1775) steht. Damit hat allerdings der „Vater des deutschen Staatsrechts" den Vorhang
zu den großartigen Leistungen des Naturrechts zugezogen. Gewonnen wurde aus diesem
Rückzug auf das positive Recht die Garantiefunktion des Gesetzes. Mosers eigene, im Jahre
1773 geschriebenen Worte stehen dafür als Zeugnis: „Die Verwaltung der Gerechtigkeit
bestehet hauptsächlich darin, 1. daß alle Mitglieder des Staats bei den ihnen zustehenden
Rechten und Besitzungen geschützt, 2. wann sie darin widerrechtlich gestört oder deren entsetzet
worden, ihnen wiederum zu dem Ihrigen verholfen, sodann 3. die zwischen denselben
entstehenden Streitigkeiten entschieden, auch denselben wirklich dazu verholfen und 4. endlich
die Verbrechen auch von obrigkeitlichen Amts wegen abgestraft werden" (S. 276). Damit
erweist sich Mosers allzu leichtfertig geringgeachteter Positivismus als liberal fundiert und
erhält aus dieser Sicht eine bessere Einordnung.

Erwin Schömbs ist es in seiner vorzüglichen Studie gelungen, den Blick für die rechtsgeschichtliche
Leistung Mosers freigemacht zu haben. Künftige Forschungen werden sich
dankbar auf diese Arbeit stützen. Nach der Lektüre des Buches bleibt der Eindruck, den
folgender, in einem „Kritischen Wörterbuch über Juristische Sachen" (Frankfurt a. M. 1770)
gefundene Satz über Moser vermittelt: „Handlungen, die von einem gemäßigten Feuer,
einer unnachahmlichen Bearbeitung des wahren Staatsrechtes, von einer allzu großen Treue,
von einem gereinigten Verstände, ohne Witz, einer seltenen Gedächtniskraft, von rechtschaffenen
Gesinnungen, denen eine Unbeständigkeit folget, zeugen - machen mir den Greis
verehrungswürdig."

Freiburg i. Br. Clausdieter Schott

Charlotte Beradt: Paul Levi. Ein demokratischer Sozialist in der Weimarer Republik.
Frankfurt: Europäische Verlagsanstalt 1969.155 S.

Paul Levi: Zwischen Spartakus und Sozialdemokratie. Schriften, Aufsätze, Reden und
Briefe. Herausgegeben und eingeleitet von Charlotte Beradt. Frankfurt: Europäische
Verlagsanstalt 1969. 335 S. (Politische Texte)

Aus Hechingen stammt eine der profiliertesten Persönlichkeiten der Weimarer Republik
: Paul Levi. Zu den „Novemberköpfen" gehörend, denen ein bösartiger Nationalismus
die Schuld an Niederlage und Folgen zuschieben zu können glaubte, mußte er freilich wie
viele seiner Freunde lange auf eine biographische Würdigung warten. Nun liegt sie vor. Die
Verfasserin, Charlotte Beradt, hat sie aus Gesinnungsverwandtschaft mit dem Linksradikalen
mit viel Sympathie und nicht ohne Blick auf die Gegenwart geschrieben.

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