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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1973/0180
Neues Schrifttum

Hermann Holzbauer: Mittelalterliche Heiligenverehrung - Heilige Walpurgis. Kevelaer:
Butzon & Bercker. 1972. 544 S. m. 5 Abb. u. 2 Karten. (Eichstätter Studien NF 5).

Walpurgis (um 710 bis 799), die angelsächsische Nonne aus angeblich königlichem Geschlecht
, zählt zu den vielverehrten Heiligengestalten des europäischen Mittelalters. Spätmittelalterliche
Fromme trauten ihr zu, daß sie gegen Bisse tollwütiger Hunde hilft, hitzige
Fieber und Steinleiden abwehrt, beim „Mutter-Kraißen" oder in „Kinds-Nöthen" lindernden
Schutz gewährt. Sie sollte zudem Sonnenschein und Regen vermitteln oder Gewitter
und Hagelschlag fernhalten. Überdies erfüllte sie die Rolle einer Schutzpatronin für
Schweine und Schafe. Das Zutrauen, das ihr geplagte Generationen des Spätmittelalters
und der Frühneuzeit entgegenbrachten, war groß. Dem historisch verbürgten Leben Walpurgens
mangeln freilich jedwede Züge wunderbaren Wirkens. Es erfüllte sich im entsagungsvollen
Dienst für die Anliegen einer missionierenden Kirche.

Walpurgis war als Helferin ihrer Brüder, der heiligen Glaubensboten Willibald und
Wunibald auf den Kontinent gekommen. Nach dem Tode Wunibalds (| 761) leitete sie
als Äbtissin das benediktinische Doppelkloster Heidenheim auf dem Hahnenkamm (Landkreis
Günzenhausen). Tätiger Eifer für Kirche und Mönchtum verhalfen ihr zu hohem Ansehen
, das Kleriker, Mönche und engagierte Laienadlige zu festigen und zu erhalten
suchten. Es braucht deshalb nicht zu verwundern, wenn die heilige Walpurgis in zahlreichen
Kirchen und Klöstern des deutschen Südwestens - sei es auf Grund gezielter Einflußnahmen
von Seiten geistlicher und weltlicher Großen oder aus bloßer Anpassung an modische
Kult- und Frömmigkeitsbewegungen - verehrt und angerufen wurde.

In Hohenzollern begegnet die heilige Walpurgis im späten 15. Jahrhundert als Konpatronin
der ehemaligen Pfarrkirche von Deutstetten bei Veringenstadt (vgl. Edmund
Bercker: Kirchen-, Kapellen- und Altarpatrozinien im Kreis Sigmaringen. Sigmaringen
1967, S. 159). Im frühen und hochmittelalterlichen Schwaben waren es insbesondere die
großen benediktinischen Manns- und Frauenklöster, die den Walpurgis-Kult nachhaltig
pflegten und förderten, um das Gedächtnis an eine große Heilige ihres Ordens wachzuhalten
.

Holzbauer will in seiner material- und perspektivenreichen Arbeit „ein kultdynamisches
Bild von der Verehrung der Heidenheimer Äbtissin" entwerfen, wobei ihm insbesondere
daran liegt, den in Patrozinien, Reliquienstätten und liturgischen Anrufungen
verifizierten Kultniederschlag kenntlich zu machen. In zeitlicher Hinsicht begrenzt der
Verfasser seine Darstellung auf die „Jahre von Walpurgens Elevation und Translation,
der Canonizatio per viam cultus (etwa 870-879), bis zur Reformation". Der Autor kann
zeigen, daß der Walpurgis-Kult insbesondere in jenen Ländern Europas Verbreitung fand,
deren „geistig-religiöse Fundamente" ehedem angelsächsische Missionare des 7. und 8. Jahrhunderts
gelegt hatten. Insofern sind die über den ganzen mitteleuropäischen Raum zerstreuten
Walpurgis-Reliquien nicht nur als Unterpfänder individuellen und kollektiven
Heils zu bewerten, sondern auch immer als Erinnerungszeichen an das missionarische
Wirken angelsächsischer Glaubensboten.

Als Initiatoren und Träger des im süddeutschen Raum heimisch gewordenen Wal-
purgis-Kultes betätigten sich insbesondere die Bischöfe von Eichstätt, die männlichen und
weiblichen Konvente des Benediktinerordens sowie einflußreiche Hochadelsgeschlechter
(unter anderen auch die Herzoge von Schwaben aus dem Geschlecht der Hunfridinger und
Konradiner). Unter den benediktinischen Kulturzentren, welche die Frühphase der Walpurgis
-Verehrung maßgeblich beeinflußten, müßten insbesondere die Klöster Heidenheim
(Landkreis Günzenhausen), Monheim (Landkreis Donauwörth) und Sankt Walpurg in
Eichstätt sowie Einsiedeln und Sankt Gallen genannt werden. Im 11. und 12. Jahrhundert
waren es insbesondere die Abteien Ellwangen, Hirsau, Murbach, Muri, Sankt Walpurg im
Heiligen Forst und Zwiefalten, die eine wichtige kultfördernde Rolle spielten. Für die
Ausbreitung ihres Kultes in Nordfrankreich, in Flandern und den Niederlanden ist vor
allem die Tatsache bedeutsam geworden, daß Karl der Einfältige, der Herrscher West-

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