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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0111
Renovation von St. Luzen

zollerngraf Eitel Friedrich II. bemühte sich bis zu seinem Tod 1512, dem Verfall
entgegenzuwirken. Mit einer testamentarischen Stiftung hoffte er, dem verlassenen
Kloster bei der Kirche durch Zuzug von Barfüßermönchen und durch Einsatz materieller
Güter eine neue Wirksamkeit zu verleihen. Seine unmittelbaren Nachkommen
führten diesen seinen letzten Willen nicht durch. Erst Graf Eitel Friedrich
IV. - seine Regierungszeit währte von 1576-1605 - machte sich die testamentarische
Verpflichtung seines Vorfahren zu eigen. Ihm ist die Kirche St. Luzen
, wie sie uns heute vor Augen steht, zu verdanken.

Über das Erscheinungsbild jener ersten Klostergebäude ist keine Kunde überliefert
worden. Umso eingehender sind wir unterrichtet über die Absichten, die
Eitel Friedrich IV. zur Wiederherstellung der verfallenden Anlage gehegt und
durchgeführt hat. Es sind eine ganze Anzahl von Verträgen, sogenannten Verdingen
, zwischen ihm und den von ihm herangezogenen Kunsthandwerkern erhalten
geblieben. Aus den Formulierungen dieser Verdinge sowie aus dem Umstand, daß
ein leitender Baumeister nicht genannt wird, ist zu schließen, daß die Gestaltung
der wiedererstandenen Kirche St. Luzen, ihr figürliches Programm, ihr Dekor und
ihr farblicher Reichtum als eine ureigene Schöpfung ihres Auftraggebers - eingebunden
natürlich in den Stilwillen seiner Zeit - anzusehen ist. Dieser durchgreifende
Umbau ist in den Jahren 1586-1589 vor sich gegangen.

Beim Außenbau läßt sich die Einbeziehung der Vorgängerkirche in den Umbau
noch deutlich an typischen spätgotischen Einzelheiten erkennen, etwa wie an
das Langhaus der abgesetzte und eingezogene Chor anschließt, der mit drei Seiten
eines Achtecks endet; sodann die Spitzbogen- und Rundfenster, denen allerdings
eine spätere Zeit die charakteristischen Maßwerke genommen hat; und schließlich
die verdachten Strebepfeiler an der südlichen Schiffswand.

Im Innenraum dagegen ist, abgesehen von der Grundrißgestalt, nichts mehr
von dem Vorgängerbau zu spüren. Hier herrscht die Sprache der Zeit Eitel Friedrichs
vor, ausgedrückt mit einem die Wandflächen überspinnenden Maureskenzier-
werk, mit muschelbekrönten Nischen, mit kanellierten Halbsäulen auf diamant-
quaderbesetzten Postamenten, mit rollwerk- und beschlagwerkumrahmten Inschriftfeldern
und voluminösen Fruchtgehängen - kurz mit dem üppig ausgebreiteten
Dekorreichtum der deutschen Renaissance. Das vorherrschende Thema im
Schiff, die Darstellung der zwölf Apostel mit ihren Namensschildern im Fries
über ihnen und mit dem Glaubensbekenntnis auf den Tafeln unter ihnen, hat Graf
Eitel Friedrich in dem Verding mit dem Gipser Wendel Neufferer festgelegt. Von
den Lebensdaten dieses Stukkateurs wissen wir nur, daß er um 1550 in Herrenberg
geboren und um 1630 wohl auch dort gestorben ist. In einem weiteren Verding
mit ihm hat Eitel Friedrich für den Chor, ebenfalls eingebettet in Muschelnischen
zwischen verzierten Pilastern, die „Sieben Kirchen" als Darstellung gewünscht
. Hierunter sind die sieben Stationskirchen von Rom zu verstehen, die die
Pilger auf ihrer Romfahrt aufzusuchen hatten. Abgebildet sind die Titelheiligen
dieser Pilgerkirchen mit dem jeweiligen Kirchenmodell an ihrer Seite. Dieses ungewöhnliche
Programm wird verständlich, wenn man erfährt, daß den Franziskanern
das Privileg vom hl. Stuhl verliehen war, in ihren Gotteshäusern die sieben
Hauptkirchen Roms sinnbildlich für das Ablaßgebet darzustellen.

Unter diesem Wendel Neufferer sind zwei weitere Bildhauer laut den erhalten
gebliebenen Abrechnungen tätig gewesen: Ein Hans Aman, Bildschnitzer aus Ulm,
und ein nicht namentlich genannter „Bildhauer aus Überlingen". Jedoch von wel-

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