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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0112
Noeske

eher Hand im einzelnen die Reihe der Apostel, die der Kirchenpatrone im Chor,
ja auch die Figuren der Maria und der vier Evangelisten am Kanzelkorb stammen
, ist eine noch nicht geklärte Frage. Wir wissen nur, daß dem Künstler, der die
Apostelfiguren geschaffen hat, Stichvorlagen nach Zeichnungen des Niederländers
Hendrik Goltzius als Vorbild gedient haben.

Einer Zuschreibung an einen dieser Künstlernamen entziehen sich auch die drei
großen Bildkartuschen, die das von Eitel Friedrich geforderte figürliche Programm
bereichern: Zum einen die Stigmatisation des hl. Franziskus über dem
Chorbogen nach Westen, sodann über dem Chorbogen nach Osten das Bild der
Immaculata, und auf der Chornordwand der hl. Michael als Drachentöter und
Seelenwäger.

Die Kanzel selber ist jedoch von Hans Aman, er hat sie im vorderen Ab-
schwung des Korbes signiert, mit der Jahreszahl 1589 datiert und mit seinem Meisterzeichen
versehen.

Bei den hier angedeuteten Fragen nach Urheberschaft und geistiger Wurzel der
singulären Raumdekoration von St. Luzen darf auch ein Hinweis auf die Gewölbefelder
in der westlichen Chorhälfte und in der Antoniuskapelle nicht fehlen. Ist
schon die verdoppelte Erscheinung dieser spätgotisch anmutenden Rippenwölbung
auffällig, so überrascht noch mehr die Tatsache, daß diese kuppeligen Netzgewölbe
eine bis in Einzelheiten gehende Wiederholung des Gewölbes der Fuggerkapelle
in Augsburg sind. Dort wie hier besteht die Hauptfigur aus zwei sich überschneidenden
Vierpässen, wie auch die Besetzung der Felder mit Rosetten sich gleicht.

Die Fuggerkapelle, wohl das früheste Werk der Renaissance auf deutschem
Boden, ist 1518 entstanden, also drei Generationen eher als St. Luzen. Wir wissen
nicht, welches der Beweggrund für diese getreue Kopie 70 Jahre später gewesen
ist. Augsburg war eines der bedeutendsten Kunstzentren der damaligen Welt, so
daß es nicht erstaunlich zu sein braucht, wenn dort entstandene Formbildungen
auf dem Weg über die Skizzenbücher wandernder Künstler Verbreitung fanden.
Andererseits wissen wir von den freundschaftlichen Beziehungen Eitel Friedrichs
zu Herzog Wilhelm V. von Bayern, die sich unter anderem darin ausgewirkt hatten
, daß 1586 zu Beginn des Kirchenumbaus neun Franziskanerpatres aus München
das Kloster St. Luzen neu besiedelten. Es sei dahingestellt, ob diese Beziehungen
zum bayerischen Herrscherhaus eine Rolle bei der Vermittlung Augsburger Künstler
gespielt haben, die nachweislich in Hechingen beschäftigt waren und denen die
Übermittlung der Augsburger Gewölbeform dann zuzuschreiben wäre.

Der Fülle an plastischem Reichtum, der den Innenraum von St. Luzen zu
einem Ereignis innerhalb der deutschen Baugeschichte hat werden lassen, da ihm
nichts Vergleichbares mehr gegenübergestellt werden kann, dieser räumlichen
Überlagerung aller ebenen Flächen antwortet ein Farbüberschwang ohnegleichen.
Die starken Farben der Palette, rot, grün, blau, oker, grau sind ungebrochen nebeneinander
gesetzt. Sie heben die plastische Form hervor und steigern sie in ihrer
Wirkung, unterstützt vom realistischen Inkarnat der Figuren und der Erhöhung
von Einzelheiten durch die Auflage von Gold.

Die Wünsche, die Eitel Friedrich hinsichtlich der farbigen Ausmalung seiner
Kirche hegte, sind aus seinem Vertrag mit dem Maler Hans de Bay aus Riedlingen
, einem vermutlich aus den Niederlanden zugewanderten Künstler, ziemlich
genau bekannt. Die Formulierungen darin gehen bis zu maltechnischen Einzelheiten
, wie etwa, daß „etlichs mit öl und etlichs mit Wasserfarben aufs best und

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