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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0114
Noeske

Die beiden Seitenaltäre von 1702 haben - ein bemerkenswerter früher Akt
denkmalpflegerischen Tuns - figürliche Teile der ehemaligen Altäre in sich aufgenommen
: So der südliche Seitenaltar in seinem Hauptbild die plastische Darstellung
von Christus und den beiden Schächern, im Aufzug die Figuren der Fides,
der Spes und der Caritas sowie die Halbfigur von Christus mit der Weltenkugel
und den Jesusknaben; und der nördliche Seitenaltar gleichfalls den Jesusknaben
und die Halbfigur Gottvaters.

Dieser Altar besitzt in seinem plastischen Hauptbild, der Stigmatisation des
hl. Franziskus, ein wichtiges Bilddokument. Der Künstler, der es 1702 geschaffen
hat, hatte die Kirche noch vor ihrer Veränderung gekannt. Das Bild zeigt die Kirche
noch mit ihrem südlichen Eingangsportal, mit dem ehemals auf dem Ostgiebel
des Schiffes aufsitzenden Glockentürmchen, mit der Dreiflügelanlage des Klosters
sowie der den ganzen Komplex umgürtenden Mauer.

Auch der Hauptaltar, der 1743 geweiht wurde, zeigt eine Zusammenfügung
aus Teilen zeitlich verschiedener Herkunft. Auf der Mensa, deren steinerne Platte
noch aus der Zeit Eitel Friedrichs stammt, steht ein Drehtabernakel mit einer
Kreuzigungsgruppe aus dem frühen 18. Jahrhundert; seitlich davon in zweigeschossiger
, abgestufter Anordnung je vier Reliquiare mit verglasten, drehbaren Einsätzen
. Hier wurden die Gebeine der Märtyrer entsprechend dem Ablauf des Kirchenjahres
ausgestellt. Einer Generation früher entstammt das Antependium mit der
gemalten Abendmahlsszene in breitem Rahmen mit geschnitztem, wucherndem
Akanthuslaubwerk. In der Mittelnische des flach zurückschwingenden Retabels steht
eine im Stil des 18. Jahrhunderts mit Brokatkleid und echten Haaren bekleidete
Madonna mit Christkind; unter diesem Barockgewarid verbirgt sich eine spätgotische
Marienfigur. Der hl. Joseph und hl. Johann Nepomuk sind weißpolierte Plastiken
aus der Zeit der Altarweihe. Der Aufsatz umfaßt mit vier mächtigen, in
Gegenschwüngen angeordneten Voluten ein gerahmtes Mittelfeld, in welchem,
umrahmt vom Licht des goldgelben Okulus, der Titelheilige St. Luzius steht. Er
wie auch die beiden schwebenden Engel sind Werke des 17. Jahrhunderts.

Das starke Erdbeben von 1911 hatte auch St. Luzen in Mitleidenschaft gezogen
. Im Zuge der damaligen Instandsetzungsarbeiten ist der Kirche ein irreparabler
Schaden zugefügt worden. Der figürliche und dekorative plastische Schmuck
von St. Luzen besteht aus einer Mischung von Weißkalk, Sand und Gips. Die figürlichen
und rundplastischen Teile sind frei aufgetragen worden, dagegen ist das
wie Laubsägearbeit anmutende Zierwerk ein Stuckschnitt, d. h. aus der etwa 4 cm
dicken Stuckfläche wurde entlang von vorgezeichneten Ritzlinien, die noch vielfach
erkennbar sind, das Ornament herausgeschnitten. Dieser Stuck lebt aus dem
seidigen Oberflächenschimmer seiner Haut, die sich beim Erstarren der Masse bildet
. Beim Ausbessern der Erdbebenschäden hatte man im Bestreben, die Wände zu
säubern, die seit 1700 angebrachten mehrfachen Kalktünchen grob abgekratzt,
statt sie mit dem Skalpell und mit Waschungen vorsichtig zu lösen. Dadurch hat
der Stuck zu einem großen Teil seine originale Oberflächensubstanz eingebüßt.
Bei dieser Prozedur ist man dann auch auf das unter den Tüncheschichten erhalten
gebliebene Farbkleid der Umbaukirche Eitel Friedrichs gestoßen, und der leitende
Baumeister hat den Farbbefund exakt beschrieben. Aber für die damalige
Zeit galt die Farbe - wir staunen heute über diese Auffassung - noch durchaus
nicht als ein der Architektur und der plastischen Form gleichwertiges Dokument.
Bei der Säuberungsaktion wurden darum auch die Farben mit abgekratzt, glückli-

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