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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0118
Müller

Chur, wo wir für 451 zum erstenmal einen Bischofsnamen haben. Daß Luzius
selbst in unsere Gegend gekommen sein könnte, weit ab, nördlich der Schwäbischen
Alb, und so das hiesige Patronat eine Erinnerung an seine persönliche Anwesenheit
darstellen würde, wie man in älterer Literatur gelegentlich lesen kann,
ist geradezu ausgeschlossen. Das Patronat ist durchaus gut begründbar durch irgendwelche
frühe Beziehungen vom hiesigen Raum in den des Bodensees und
Graubündens 6, die uns im einzelnen nicht mehr faßbar sind, die wir aber für spätere
Zeit z. B. durch Heiratsverbindung der Hohenzollerngrafen mit rätischen Geschlechtern
realisiert sehen 7. So etwas könnte auch schon viele Jahre vor dem
Zeitpunkt geschehen sein, in dem St. Luzen in unseren Urkunden zum erstenmal
genannt wird. Haben wir doch schon im 7. Jahrhundert in der näheren Umgebung
erstaunliche Belege dafür, daß eine führende Oberschicht der Alemannen in
christlichen Vorstellungen zu leben begann und dabei offensichtlich über die Alpen
hinweg Kontakte bis zu dem Brudervolk der Lombarden in Oberitalien pflegte
. Man braucht nur an die starke Verbreitung der ursprünglich langobardischen
sogenannten Goldblattkreuze denken, von denen in unserer Nähe eine beachtliche
Anzahl in Reihengräbern gefunden wurden: in Burgfelden bei Balingen, in Lautlingen
, in Balingen selbst, in Burladingen, in Gammertingen, in Derendingen und
in Pliezhausen, um nur die benachbartesten Fundorte zu nennen 8. Wie die Inhaber
des großen Herrenhofes im Dorf ein Verhältnis zum Christentum gefunden
haben, wissen wir durch die Grabungen der Kirche in Burgfelden über Balingen.
Dort hat ein solcher für sich und seine Leute um 700 eine steinerne Kirche erbaut
und in der Apsidenmitte sein Grab angelegt, so daß der Altar aus der Apside heraus
in das Kirchenschiff gerückt werden mußte 9.

Was die Frühgeschichte Hechingens selbst angeht, so dürfte es klar sein,
daß das Dorf Hechingen etwa im 4. oder 5. Jahrhundert entstanden ist. Der
Name erweist den Ort als zu den -ingen-Orten gehörig, die man mit gutem Grund
in diese Zeit ansetzt. In Urkunden wird das Dorf zuerst 786 und 789 genannt10.
Die Siedlung lag im Starzeltal und hat sich in ein Ober- und ein Niederhechingen

* Karl Friedrich Eisele, Studien zur Geschichte der Grafschaft Zollern und ihrer Nachbarn
. Stuttgart 1956, 38. (Arbeiten zum historischen Atlas von Südwestdeutschland 2;
Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 3.) macht im Zusammenhang mit St. Luzen
auf Besitz des Bischofs von Chur in Großengstingen, sowie auf seine Verbindung mit
Kloster Zwiefalten (1109) aufmerksam, außerdem auf die Beziehungen der Grafen von
Gammertingen mit Graubünden. Er meint sogar, Udelhild, Tochter des Grafen Egino
von Urach, Frau des Grafen Friedrich von Zollern, als mögliche Veranlasserin dieses
Luziuspatroziniums benennen zu können; dies wäre erst nach 1108, dem Jahr der Wiederauffindung
der Luziusreliquien möglich gewesen. Neuerdings weist Johann Adam
Kraus auf eine Reihe von Beziehungen der Alblandschaft zum Bistum Chur hin (Hohen-
zollerische Zeitung 19. 12. 1975, demnächst vorgelegt in „Hohenzollerische Heimat"),
dem man noch den Hinweis auf WUB I Nr. 189 (976) hinzufügen kann.

' So heiratete Graf Eitelfriedrich I. (f 1439) Ursula, die Tochter des Heinrich von Rä-
züns.

8 Die Alemannen in der Frühzeit, hrsg. von Wolfgang Hühener. Bühl 1974, 174-177,
182-183; Zur Geschichte der Alemannen, hrsg. von Wolf gang Müller. Darmstadt
1975, 411-421.

• Vorromanische Kirchenbauten, bearb. von Friedrich Oswald, Leo Schaefer, Hans Rudolf
Sennhauser. München 1966, 47—48.

10 St. Gall. Urkundenbuch. Bd. I. Zürich 1863, Nr. 108 und Nr. 123.

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