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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0188
Natale

er von seinen Sigmaringern ins Frankfurter Parlament geschickt; er saß daselbst
auf der Linken, wanderte mit dem Rumpf nach Stuttgart und befand sich unter
den Gesprengten. In Preußen war die Verfolgung wegen Hochverrats bereits gegen
ihn eingeleitet, die mit der Verurteilung zum Tod (!), freilich nur in contumaciam
, endigte. Indessen hatte sich der Verfolgte in Rorschach, wohin seine Familie
ihm bald nachfolgte, dann bleibend in Chur niedergelassen, wo er sich das Bürgerrecht
erwarb. In Chur war Dr. Würth einer der beliebtesten und geachtetsten
Rechtsanwälte und bis ins hohe Alter tätig. Von geradezu eiserner Gesundheit und
unverwüstlicher Rüstigkeit - bis zum Tode hatte W. kein graues Haar - überstand
er noch vor zwei Jahren einen Typhus, der ihm nur wenig von seiner Beweglichkeit
nehmen konnte. Mitte vorigen Monats kam der 81jährige im größten
Unwetter von Chur nach Zürich, um wegen eines hartnäckigen Halsleidens eine
ärztliche Spezialität zu beraten. Er war ganz heiser, seine Stimme tonlos, und der
Arzt konnte ihm keine Hoffnung auf Herstellung machen, da die Stimmbänder
lahm geworden waren. Damals schrieb er einem Freund, er werde jetzt wohl den
Beinamen „die Krähe" erhalten, indessen werde es bald um seine ganze Nomenklatur
geschehen sein. Vor acht Tagen wurde er von einem Schleimfieber ergriffen,
dem er nach kurzem, aber schwerem Kampfe erlag. Dr. Würth war ein Mann von
hervorragenden Eigenschaften des Gemüts und Charakters; treu und wahr wie
Gold, zuverlässig und rechtschaffen, dabei gutmütig wie ein Kind. Wären doch
alle „Tyrannen" so beschaffen! Und wie hat der Gute bis zu seinem letzten Augenblick
sein Vaterland geliebt! Einen treueren Sohn hat Deutschland nicht ausgestoßen
! Der Verstorbene war seit langem Witwer; er hinterläßt einen Sohn, der in
Tunis ein Handelsgeschäft betreibt, und drei Töchter; die älteste ist an den Dr.
Kilias in Chur, Badearzt in Tarasp, die zweite ebendaselbst an einen braven Bürger
28 verheiratet, die dritte, unverheiratet, hütete und pflegte den Vater.

Nr. 9

Aus: Schwarzwälder Bote [Oberndorf am Neckar]. 22. Januar 1884 (= Nr. 18)

Von der Donau, den 19. Januar (Korresp.)

Mit dem am 14. Januar zu Chur in Graubünden in einem Alter von 80 Jahren
gestorbenen Advokaten Dr. Karl Würth ist einer der ältesten Veteranen von Ho-
henzollern, welcher früher eine bedeutende, in gewisser Beziehung sogar die bedeutendste
Rolle gespielt hat, vom Schauplatze des Lebens abgetreten. Geboren
den 15. September 1803 s» als ein Sohn des fürstlich-fürstenbergischen Hofrates
und Obervogtes Würth zu Jungnau, vollendete er seine Studien zu Freiburg und
Tübingen, erlangte den Grad eines Doktors der Rechte und trat nach erstandener
Staatsprüfung als Aktuar in den fürstlich hohenzollernschen Justizdienst. Die liberale
Strömung, welche zu Anfang der 1830er Jahre wehte, sog er mit vollen Zügen
ein und, nachdem er die einzige Tochter des reichen Apothekers Giegling von
Hechingen geheiratet hatte, setzte er sich, wie man damals zu sagen pflegte, als
Advokat in Sigmaringen. Die Verleihung einer ziemlich liberalen Verfassung für
das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen durch den zur Regierung gekommenen

28 Gemeint ist der Sakristan Alois Pradella in Chur (vgl. Anlage Nr. 3).

29 Lt. Eintrag im Totenregister (vgl. Anlage Nr. 3) wurde Würth am 13. Sept. 1803 geboren
.

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