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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0220
Neues Schrifttum

marcksche Lösung der nationalen Frage unter Preisgabe manchen liberalen Programmpunkts
rechtfertigte? Und das wäre es wohl auch, worum es Rückert vorab ging, um die
Reziprozität von Jurisprudenz und „Leben" in den Aktivitäten seines Klienten. Unter der
Rubrizierung Reyschers als eines Frühliberalen ist der Nachweis der Identität von Rechtsdenken
und Politik für die Zeit des Vormärz überzeugend gelungen. Beides stand im
Dienst der Überwindung des absolutistischen Obrigkeitsstaates zugunsten bürgerlicher
Selbstbestimmung. Ebenso einleuchtend die Identität von Reyschers Germanismus auf juristischem
Gebiet und seinem politischen Bedürfnis nach nationaler Einheit. Weniger Aufschluß
erhält man dagegen über die Gründe, die auch Reyscher wie so viele andere vom
Progressiv-Liberalen des Vormärz über den Konstitutionellen von 1848 zum Nationalliberalen
mit Hinwendung zu nationalkonservativen Kreisen von 1870 werden ließen. War es
der nationale Gedanke, der das freiheitliche Pathos von einst überwucherte, war es der
Trend vom Idealismus zum Realismus (wie schlug sich dies in seinem Rechtsdenken nieder
?) oder war das Rechtsdenken eines Juristen aus dem Mittelstand so eng auf die „Bedürfnisse
" eben dieses Standes zugeschnitten, daß es nun, 1870, als ja doch manches
erreicht, auch von oben zugestanden war, gar nicht mehr um die Anmeldung neuer „Bedürfnisse
", wie sie etwa der rapiden Entwicklung zum modernen Industriestaat entsprochen
hätten, ging, sondern um die Abschirmung und Bewahrung des Erreichten, und dies
nun eben im Verein mit konservativen Kräften und im Rahmen eines Systems, das den Interessen
und Ansprüchen des liberalen Bürgertums besser zu dienen schien als ein demokratisch
-parlamentarisches? So gesehen dürfte Reyscher - und in seiner Rechtslehre müßte
dies zu finden sein - mit einer Vorstellung vom liberalen Staat und der liberalen Gesellschaft
in den Nationalstaat gegangen sein, die schon nicht mehr zeitgemäß war und
daher notwendigerweise konservierende Züge annehmen mußte.

Zur Ergänzung seien noch einige Arbeiten zur selben Thematik, sie teils weiterführend
, teils ins Detail gehend, genannt. Über die Arbeiterbewegung, speziell ihre erfolgreiche
Wiederbelebung zu Beginn der 60er Jahre, siehe nun das umfangreiche Werk von
Shlomo Na'aman: Die Konstituierung der deutschen Arbeiterbewegung 1862/63. Darstellung
und Dokumentation. Von S. Na'aman unter Mitw. von H.-P. Harstick. Assen 1975.
(Quellen u. Unters, z. Gesch. d. dt. u. österr. Arb.bewegung. N.F. 5.)

Über die württembergischen Demokraten, ihr Wiedererstarken um 1890 und die Wiederaufnahme
der Reformpolitik nun Klaus Simon: Die württembergischen Demokraten.
Ihre Stellung und Arbeit im Parteien- und Verfassungssystem in Württemberg und im
Deutschen Reich 1890-1920. Stuttgart 1969. (Veröff. d. Komm. f. gesch. Landesk. in Ba-
den-Wttbg. R.B, Bd. 52.) Zum Vergleich zu empfehlen James Clark Hunt: The People's
Party in Württemberg and Southern Germany, 1890-1914. The Possibilities of Democra-
tic Politics. Stuttgart 1975. (Stuttg. Beitr. z. Gesch. u. Politik. Bd. 9.) Einen bestimmten
Zeitraum, in dem liberal-demokratische Reformen noch vor 1870 mit Erfolg durchgesetzt
wurden, behandelt Arthur Weinmann: Die Reform der württembergischen Innenpolitik in
den Jahren der Reichsgründung 1866-1870. Die Innenpolitik als Selbstbehauptung des
Landes. Göppingen 1971. (Göppinger akad. Beitr. Nr. 17.) Mehr eine Übersicht unter vorwiegend
Staats- und verfassungsrechtlichen Akzenten über die Entwicklung der Verfassung
von 1819 bis zum Ende der konstitutionellen Monarchie auch in Württemberg gibt Rosemarie
Menzinger: Verfassungsrevision und Demokratisierungsprozeß im Königreich
Württemberg. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des parlamentarischen Regierungssystems
in Deutschland. Stuttgart 1969. (Veröff. d. Komm. f. gesch. Landesk. in Baden-
Wttbg. Bd. 56.) Zwei weitere Arbeiten befassen sich mit den Jahren 1848/49 in Württemberg
, die regionalgeschichtliche von Eberhard Sieber: Stadt und Universität Tübingen in
der Revolution von 1848/49. Tübingen 1975. (Veröff. d. Stadtarchivs Tübingen. Bd. 6.)
Noch zu erwarten Bernhard Mann: Die Württemberger und die deutsche Nationalversammlung
1848/49. Düsseldorf: Droste 1976. (Beitr. z. Gesch. d. Parlamentarismus
und der pol. Parteien. Bd. 57.) Wie die Reformpolitik um 1870 unterbrochen und konterkariert
wurde durch das „System Mittnacht", wird in einer Biographie mitbehandelt. Ge-

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