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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0223
Besprechungen

tionen an Familie und Besitz gebunden waren, erscheint es angebracht, auf den Begriff
„bürgerliche Gesellschaft" zu verzichten und sachlich angemessener von Stadtbürgertum
oder Ständegesellschaft zu sprechen. Der „Staatsbürger" der „bürgerlichen Gesellschaft"
setzt den liberalen Verfassungsstaat des 19. Jahrhunderts voraus; „Stadtbürger" ist ein
ständischer Begriff, „in dem rechtliche, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Bestimmungen
ungeschieden vereinigt" sind (R. Koselleck). Begriffsgeschichtliche Bedenken
ließen sich auch gegen den etwas unreflektiert benutzten Begriff „Repräsentation" geltend
machen. Selbstredend bestünde auch die Möglichkeit, den einen oder anderen kanonisti-
schen und verfassungsrechtlichen Sachverhalt noch schärfer zu fassen und breiter zu dokumentieren
. Mitunter ließen sich auch die Anmerkungen durch neuere Aufsätze und Monographien
ergänzen. Aber die Verbesserung geringfügiger „Schönheitsfehler" konnte das
Gesamtbild als solches in keiner Weise modifizieren.

In Summa: Die vorgelegte Arbeit Kießlings beeindruckt und überzeugt durch ihre besonnene
Methodik, ihren materialen Ertrag, die Vielfalt der Perspektiven. Sehr ins einzelne
gehende Personen-, Orts- und Sachregister machen das Buch zu einem Nachschlagewerk
, das nicht nur eine Fülle sozial- und kirchengeschichtlicher Fakten speichert, sondern
auch mit Erfolg die „Atmosphäre der Zeit und die Mentalität der Menschen einzufangen"
(S. 8) sucht.

Bielefeld Klaus Schreiner

Marc Moser: Das St. Galler Postwesen. Band IV. Geschichte der Stadt St. Gallischen Post
III. Teil (1458-1463). Ein Beitrag zur Verkehrs- und Kulturgeschichte der Stadt
St. Gallen. Heerbrugg: Rheintaler Druckerei und Verlag AG 1969. 169 S. m. 20 Abb.

Nur selten ist in der Vergangenheit im deutschsprachigen Raum die mittelalterliche
Postgeschichte eines Gemeinwesens quellengeschichtlich mit solch liebevoller Sorgfalt erschlossen
worden wie das St. Galler Postwesen durch Marc Moser. Der weit über sein
Land bekannte Schweizer Postgeschichtier erfaßt mit seinem IV. Band (Band I und II
sind besprochen in HJh 23 (1963) 242 ff. und Band III in ZHG 5 (1969) 232 f.) die Geschichte
der Stadt St. Gallischen Post von 1458-1463.

Moser beschränkt seine Darstellung nicht auf die reinen postalischen Vorgänge, sondern
bettet diese ein in die größeren Zusammenhänge der St. Galler Geschichte. Aufgrund
der weitgeknüpften Beziehungen, die St. Gallen über die Grenzen der Eidgenossenschaft
hinaus unterhielt, wurden schon früh an das Nachrichtenwesen hohe Anforderungen gestellt
. Wichtigste Quelle für den behandelten Zeitabschnitt bildet das Urkundenbuch der
Abtei St. Gallen; für 1458 steht zudem das Seckelamtsbuch mit seinen reichhaltigen Angaben
über Botennamen, Botengänge und deren Kosten zur Verfügung.

Aus der Vielzahl der postgeschichtlichen Einzelergebnisse ist besonders hervorzuheben
, daß der Bote in der damaligen Zeit oftmals nicht nur als reiner Überbringer der Sendung
auftrat, sondern darüber hinaus auch die Sache selbst als Vertrauensmann und Bevollmächtigter
mündlich zu vertreten hatte. Zum Teil waren Männer in hoher amtlicher
Stellung als Boten eingesetzt. Der aus diesen Anlässen überbrachte Brief diente insbesondere
als Empfehlungsschreiben, daß der Überbringer „wiser dis brieffs" oder „zöiger dis
brieffs" zur rechtlichen Geltendmachung der Ansprüche bevollmächtigt war. Auch Kaufleute
übernahmen Speditions- und Zahlungsaufträge. Leider läßt sich nicht nachweisen, ob
diese Leistungen mit oder ohne Vergütung erbracht wurden. Aus einem Rechtsstreit zwischen
Appenzell und einem Privatmann schließt Moser, daß es zum damaligen Zeitpunkt
noch keine schriftlichen Empfangsbestätigungen über die Zustellung gab.

Das Seckelamtsbuch von 1458 ermöglicht es, das in den früheren Bänden begonnene
Verzeichnis der Boten fortzuführen. Wie in der Vergangenheit betrug auch in dieser Zeit
der Tagessatz für den Botenlohn 3 Schilling. Eine Sondervergütung erhielten die Boten für

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