Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0231
Besprechungen

sehen Insignien der Reichenauer Äbte" (591-593). Landeskundlich orientierte Forscher
und heimatgeschichtlich interessierte Laien dürften vornehmlich aus den Beiträgen von
Schwarzmaier, Hannemann, Maurer und Jänichen, desgleichen aus den bau- und kunstgeschichtlichen
Beiträgen, in denen ein von Erdmann geleitetes Forscherteam neue und neueste
Grabungsergebnisse publiziert, Gewinn ziehen.

H. Schwarzmaier ediert das Fragment eines im 9. Jahrhundert angefertigten Schuldregisters
, in dem reichenauische Zinsleute mit ihren jeweiligen Schuldzinsen erfaßt sind.
Er kann an Hand eingehender archivgeschichtlicher Recherchen außerdem plausibel machen
, weshalb Umfang und Zustand des heute noch im Original erhaltenen Reichenauer
Urkundenmaterials so „deprimierend" sind. Von methodischer Relevanz ist auch Schwarz-
maiers Hinweis, „daß vieles, was moderne Historiker als verloren wähnen, in Wirklichkeit
nicht verloren ging, weil es nie existierte" (29). K. Hannemann gibt am Beispiel der „Geschichte
der Erschließung der Handschriftenbestände der Reichenau in Karlsruhe"
(159-252) wertvolle Einblicke in den geistigen Interessenkreis und die moralische Verfassung
der Reichenauer Kommunität im Laufe der Jahrhunderte. Die Lektüre von Hannemanns
Untersuchung bestätigt wieder einmal, was Marc Bloch in seiner posthum erschienenen
„Apologie pour l'histoire" (1949) zum Lob überlieferungsgeschichtlicher Untersuchungen
geschrieben hat: „Die sogenannte Wanderung der Handschriften gehört zu den
interessantesten Forschungsgebieten." H. Jänichen entschlüsselt die regionale, genealogische
und soziale Herkunft der Reichenauer Fälschergruppe des 12. Jahrhunderts; außerdem
kann er durch subtile Quellenanalysen deren erkenntnisleitende Interessen und Motivationen
herausschälen. Die fromm und unbedenklich fälschenden Mönche rekrutierten sich,
wie der Verfasser nachweisen kann, aus den edelfreien Herren von Dapfen-Heideck auf
der Schwäbischen Alb. Sie bildeten die führenden Köpfe einer Klosterpartei, „die eigene
Ziele und nicht die der Großen im Reich verfolgte." H. Maurer untersucht „Rechtlichen
Anspruch und geistliche Würde der Abtei Reichenau unter Kaiser Otto III." (255-276).
Aus seinen quellennahen Erwägungen über die Rechtsgestalt des Klosters, über dessen Bildungsniveau
und geistlich-kultisches Selbstverständnis zieht er mit der gebotenen methodischen
Behutsamkeit den Schluß, „daß die auf der Reichenau geschaffenen Kunstwerke,
zumal diejenigen der Buchmalerei, mit ein Ausdruck hoher, letztlich auf geistige und
rechtliche Freiheit zielender Selbsteinschätzung der Reichsabtei auf der Bodenseeinsel um
die Wende vom ersten zum zweiten Jahrtausend gewesen sind" (275).

W. Erdmann und A. Zettler, die Grabungsbefunde der fünfziger Jahre mit Hilfe veränderter
Fragestellungen und verfeinerter Methoden, einer nochmaligen Interpretation unterziehen
, bringen neue Aufschlüsse „Zur karolingischen und ottonischen Baugeschichte des
Marienmünsters zu Reichenau-Mittelzell" (481 - 522). Erdmann gibt außerdem eine gra-
bungskundliche Bestandsaufnahme über „Die ehemalige Stiftskirche St. Peter und Paul in
Reichenau-Niederzell" beim „Stand der Untersuchung Ende 1973" (523-540). Ein von
Erdmann geleitetes Team publiziert einen minutiösen Rechenschaftsbericht über „Das
Grab des Bischofs Egino von Verona in St. Peter und Paul zu Reichenau-Niederzell"
(545-576). Eine Frucht intensiver kunstgeschichtlicher Bemühung ist auch Erdmanns Beitrag
über „Neue Befunde zur Baugeschichte und Wandmalerei in St. Georg zu Reichenau-
Oberzell (577-590).

Ins allgemeinere Mittelalter führt die Untersuchung von F. J. Schmale über „Die Reichenauer
Weltchronistik" (125-158). Die Studie, ein Musterbeispiel an sachlicher und
methodischer Gediegenheit, gilt vornehmlich dem Geschichtsbild, der Arbeitsweise und der
Wirkung Hermanns des Lahmen, des vielseitig gelehrten schwäbischen Grafensohnes.
K. Schmid behandelt mit souveräner Kennerschaft „Probleme einer Neuedition des Reichenauer
Verbrüderungsbuches" (35-68). Mit den althochdeutschen und mittellateinischen
Literaturdenkmalen der Reichenau beschäftigen sich die philologisch ausgerichteten Beiträge
von St. Sonderegger, A. önnerfors, Th. Klüpfel und W. Berschin. Sonderegger gibt im
Rahmen seiner Arbeit auch einen informativen Uberblick über die Geschichte des Namens
„Reichenau" in alt- und mittelhochdeutscher Zeit. Vier Aufsätze von W. Messerer,

213


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0231