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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1976/0241
Besprechungen

Helgard Ulmschneider: Götz von Berlichingen. Ein adeliges Leben der deutschen Renaissance
. Sigmaringen: Thorbecke 1974. 317 S. m. Abb.

Kein Vertreter der deutschen Ritterschaft hat einen Nachruhm erlebt, der dem des
Götz von Berlichingen im entferntesten vergleichbar wäre, keine Gestalt des 16. Jahrhunderts
ist zugleich so von Legenden überwuchert und von Mißdeutungen entstellt worden.
Dies allein böte schon Rechtfertigung genug für eine wissenschaftliche Untersuchung des
„historischen Götz", zumal eine umfassende wissenschaftliche Biographie des Ritters trotz
seines vielfältigen literarischen Ruhms bisher noch nicht vorlag. Darüberhinaus will jedoch
die Autorin ihre Monographie als Beitrag zur bisher noch kaum erforschten Geschichte
der so widersprüchlichen Welt des Adels um die Wende zur Neuzeit verstanden
wissen.

Der Anspruch freilich, „die Gestalt Götzens innerhalb ihrer spezifischen Gesellschaft
deutlich werden zu lassen" (S. 245), wird nur ansatzweise verwirklicht, was allerdings weniger
der Autorin als dem weitgehenden Mangel an vergleichbaren Monographien und vor
allem an quantitativen Untersuchungen zuzuschreiben ist. Immerhin bietet die Arbeit
selbst reichlich Material für künftige vergleichende Studien. Ulmschneider liefert eine
akribische Rekonstruktion der vita des streitbaren Ritters von der Herkunft und Erziehung
über die Jahre als adliger Terrorist und Lösegelderpresser - die Autorin prägt dafür
den treffenden Begriff „Raubunternehmer" -, das entscheidende Intermezzo der unfreiwilligen
Hauptmannschaft im Bauernkrieg und die anschließenden Jahre der Haft bis
zu den immerhin noch über dreißig Jahren als adliger Grundherr und kluger, ewig prozessierender
Verwalter seines nicht unbeträchtlichen Besitzes, dessen Umfang hier zum
ersten Mal dargestellt wird. Durch diese, auf allen heute verfügbaren gedruckten und ungedruckten
Quellen aus über zwanzig (!) Archiven beruhende Arbeit muß die ältere Literatur
in nicht wenigen Punkten korrigiert werden, angefangen von den Familienverhältnissen
bis zu der bislang vorherrschenden Charakterisierung Götzens als Repräsentanten der
untergehenden Ritterwelt. Die Autorin arbeitet demgegenüber die Mischung aus traditionellen
und „modernen" Vorstellungen und Verhaltensweisen bei Götz heraus und sucht ihn
so einzuordnen in eine Zeit gesellschaftlichen Umbruchs, für die - wie im Lebenslauf
Götzens fast exemplarisch greifbar - der Bauernkrieg eine entscheidende Zäsur war.

Bei aller Sorgfalt der wissenschaftlichen Dokumentation, die gelegentlich den spröden
Stil einer Dissertation nicht ganz vermeiden kann, ist die Arbeit doch insgesamt erfreulich
flott und mit leicht ironischer Distanz geschrieben, so daß nicht nur der Fachmann, sondern
auch der interessierte Laie seine Freude an diesem Buch haben müßte.

Reutlingen Hans-Dieter Schmid

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