Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 140
(PDF, 41 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1977/0142
Richter

die Abzugsfreiheit lediglich bei der Emigration in hohenbergische Orte gelten zu
lassen. Schließlich drängt sich die Frage auf, ob die Abzugsfreiheit nicht überhaupt
hohenbergischen Ursprungs war, weil sie in Haigerloch so früh begegnet
und Orte anderer Provenienz sich nicht auf dieses Recht berufen konnten.

Nicht minder interessant wäre die Untersuchung der gegenseitig eingesetzten
Kampfmittel, der Strafen auf der Seite der Herrschaft, der Leistungsverweigerung
der Untertanen bei Fronen, Steuern und sonstigen Abgaben 35. Doch hier sind alle
diese Fragen zurückzustellen, soll doch lediglich auf das Problem überhaupt aufmerksam
gemacht werden.

Der Vergleich mit Württemberg macht einerseits die Unterschiedlichkeit der
Kräfteverhältnisse sichtbar, andererseits zeigt er, daß sich der Interessenkonflikt
Herrschaft-Untertanen nicht nur in Hohenzollern entwickelte. Deshalb erscheint
es auch nicht angebracht, mit modernen Wertbegriffen die seinerzeitigen Vorgänge
zu beurteilen. Der Landesherr, der für Schloß- und Kirchenbauten, die heute
als erstrangige Kulturdenkmale gelten, finanzielle Mittel und erhöhte Frondienste
von den Untertanen verlangte, stieß notgedrungen auf deren Widerstand.

Dies allein ist noch nicht faszinierend. Dagegen mag es geradezu Bewunderung
hervorrufen, wie stark schon damals die rechtsstaatlichen Zustände waren. Die
Verfassungswirklichkeit im Alten Reich gewährte den einfachen Untertanen Mittel
und Wege, ihr Recht zu suchen. Die Urteilssprüche der Reichsgerichte und des
Reichshofrats zwangen offensichtlich regelmäßig die Kontrahenten, sich unter
Einschaltung von Vermittlern gütlich zu einigen. Den dann ausgehandelten Kompromissen
mußten sich schließlich beide Parteien unterwerfen, auch die Landesherren
, die zumindest in den kleineren Territorien weit weniger absolut herrschen
konnten, als man es gemeinhin für die Zeit des Absolutismus annehmen möchte.

Stellt man erstaunt fest, daß die Fürsten immer wieder auf das alte Recht verwiesen
wurden, so ist es nicht weniger beeindruckend, wie sie die Untertanen als
Vertragspartner 36 anerkennen mußten, die zwar leibeigen sein konnten, keineswegs
aber rechtlos waren.

Ohne das Los der damaligen Bevölkerung verharmlosen zu wollen, erscheint es
doch geboten, durch genauere Quellenstudien zu differenzierteren Aussagen zu gelangen
, als es gemeinhin der Fall ist. Die Haigerlocher Vorgänge werfen noch viele
Fragen auf und lassen ebenso viele Antworten erhoffen.

Auf die Verweigerung der Reichsbeiträge und die endgültige Regelung machte Walter
Bernhardt in seinem Aufsatz über die Erbteilung (wie Anm. 11), S. 22 f., aufmerksam.
Dies berührt die Frage der Landschaften in den kleineren Territorien, die neuerdings
verschiedentlich wissenschaftlich angegangen worden ist. Vgl. Peter Blickte, Landschaften
im alten Reich. Die Staatliche Funktion des gemeinen Mannes in Oberdeutschland,
1973; Volker Press, Herrschaft, Landschaft und „gemeiner Mann" in Oberdeutschland
vom 15. bis zum frühen 19. Jahrhundert. In: Zeitschr. für die Geschichte des Oberrheins
1975, S. 169-214; Ders., Die Landschaft aller Grafen von Solms. Ein ständisches Experiment
am Beginn des 17. Jahrhunderts. In: Hess. Jahrbuch für Landesgeschichte Bd. 27,
1977, S. 37-106.

140


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1977/0142