Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 153
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1977/0163
Die Schülerselbstverwaltung in Sigmaringen

zu Solz, tauchen „Klassenämter" auf, die der Klassenleiter im Einverständnis mit
den übrigen Lehrern verteilte, und stellte dem Klassenlehrer frei, einen Schüler
zum Vertrauensmann zu bestimmen, der ihn sowohl bei der Erhaltung der Ordnung
unterstützen mußte, als auch Wünsche der Mitschüler vortragen durfte. In
den mittleren und oberen Klassen konnten die Schüler bei der Wahl ihres Vertrauensmannes
auch beteiligt werden6. Dieser Absatz wurde in die am 10. März
1912 erlassene „Dienstanweisung für die Direktoren (Direktorinnen) und Lehrer
(Lehrerinnen) an den höheren Lehranstalten für die weibliche Jugend" in Preußen
in vollem Umfang übernommen, wobei allerdings der Begriff „Vertrauensmann"
durch „Ordnerin" ersetzt wurde1. Eine breite Basis konnte sich die Idee der
Schülerselbstregierung jedoch nicht schaffen. Unmittelbar nach Beendigung des ersten
Weltkrieges aber erhielten die Bestrebungen zum Abbau der autoritären
Strukturen in der Schule und zur Demokratisierung des gesamten Schullebens verstärkten
Auftrieb. Schon in den ersten Wochen der Weimarer Republik erließ
Preußen am 27. November 1918 zwei Aufrufe an die Lehrer und Schüler der höheren
Schulen, in denen die Einführung der Schulgemeinde empfohlen wurde,
Bayern folgte am 9. Dezember mit einer „Bekanntmachung" nach, in der die Einrichtung
von Schülerausschüssen propagiert wurde 8. Der von Gustav Wyneken,
Mitglied der USPD, als pädagogischen Mitarbeiter des preußischen Kultusministers
Konrad Haenisch ausgearbeitete preußische Schulgemeindeerlaß stieß - wie
übrigens auch die bayerische Bekanntmachung, die 1923 zurückgezogen wurde -
offenbar auf allgemeinen und heftigen Widerstand bei Lehrern, Eltern und Schülern
und mußte schon am H.Dezember 1918 stark abgeschwächt werden. 1920
schließlich ließ das preußische Kultusministerium die Idee der Schulgemeinde als
verbindliche Einrichtung ganz fallen und führte ersatzweise eine im wesentlichen
auf Vertrauensschüler und einen aus ihnen gebildeten Schülerausschuß beschränkte
Schülerselbstverwaltung ein.

Auch diese Schülerselbstverwaltung gelangte über bescheidene Ansätze nicht
hinaus. Paul Hildebrandt kam in einer Auswertung der Jahresberichte der preußischen
höheren Schulen von 1928/29 zu dem Ergebnis, daß an den 822 Knaben-
und 477 Mädchenschulen die Selbstregierung aus einem Stand sei, den sie schon
vor dem Weltkrieg erreicht hatte, und machte die „entschiedenen Gegner" aus den
Kreisen der Eltern- und Lehrerschaft für diese Lage verantwortlich 9.

6 Die Bestimmung ist in Teil A, Absatz 4, Teil b enthalten und lautet wörtlich: „Er [der
Klassenleiter] verteilt im Einverständnis mit den übrigen Lehrern die Klassenämter und
kann einen zuverlässigen Schüler als Vertrauensmann der Klasse auswählen, in den
mittleren und oberen Klassen auch die Schüler bei der Auswahl beteiligen. Der Gewählte
soll den Klassenleiter durch regelmäßige Dienstleistungen bei der Erhaltung der Ordnung
unterstützen, muß es aber vermeiden, daß seine Mitteilungen an den Klassenleiter
in Angeberei ausartet; im übrigen steht es ihm zu, dem Klassenleiter Wünsche der Mitschüler
vorzutragen." (Veröffentlicht im Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung
in Preußen, hrsg. in dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizi-
nal-Angelegenheiten, Jg. 1910, S. 895.)

7 Veröffentlicht im Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen,
Jg. 1912, S. 368.

8 Auernbeimer u. Doehlemann, S. 43.

9 Paul Hildebrandt, Das Wesen der Schülerselbstverwaltung. Monatsschrift für höhere
Schulen, Jg. 30. 1931, S. 274. Holtmann u. Reinhardt, S. 17.

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