Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 156
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1977/0166
Kuhn-Rehfus

und Rache gegen die Feinde darf auf keinen Fall der Jugend gepredigt werden.
Mit dem Gedanken eines Rachekrieges darf nicht gespielt werden, auch dann
nicht, wenn die Feinde uns offensichtlich Unrecht tun. Unser Wille zur Herrschaft
von Recht und Gerechtigkeit im Völkerleben darf nicht abhängig sein von
der Moral unserer Feinde. Und immer müssen wir an der Hoffnung und an dem
Willen festhalten, daß einstmals Völkerhaß auf der Erde ganz aussterbe und daß
dieser Krieg der letzte gewesen sei. Wir können niemanden zu dieser Uberzeugung
zwingen, wir bestehen aber unverbrüchlich darauf, daß jedenfalls die Schule nie
wieder zur Stätte der Völkerverhetzung und Kriegsverherrlichung werde.

Wie sich ein jeder mit der innerpolitischen Umwälzung auseinandersetzen will,
überlassen wir ihm selber, und wir verstehen es, wenn nicht jeder ohne weiteres alte
und liebgewordene Anschauungen aufzugeben vermag. Wir möchten aber darauf
hinweisen, daß unserem Volk in seiner gegenwärtigen schweren Lage nicht damit
gedient ist, wenn man nur dem Vergangenen nachtrauert und am Gegenwärtigen
und Werdenden nur zweifelt und verzweifelt. Wir erkennen gern an, daß auch in
der Vergangenheit seitens der Lehrerschaft der höheren Lehranstalten viel treue,
hingebende und gewiß auch fruchtbare Arbeit geleistet worden ist. Jetzt aber gilt
es, diese Arbeit mit einem neuen Geist der Freiheit zu durchdringen. Es gilt jetzt,
alle positiven Kräfte in unserem Volksleben aufzurufen, alle schlummernden zu
wecken, alle gefesselten zu entbinden. Hier wartet gerade der Schule eine schöne
und große Aufgabe, nämlich die Heranbildung eines neugearteten Geschlechts,
eines Geschlechts von hohem Opfermut und Adel der Gesinnung, von unbestechlicher
Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit, von unerschütterlichem sittlichen Mut
und Idealismus. Für die Entfaltung eines solchen neuen Geistes in unserer Jugend
ist die Voraussetzung größere Freiheit. Eine wertvolle sittliche Entscheidung kann
nur in Freiheit gefällt werden, Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit können nur in der
Freiheit gedeihen. Durch unser ganzes Erziehungssystem muß ein neuer Geist von
Freiheit wehen. Schon längst verlangten die edelsten Kräfte der Lehrerschaft nach
der Möglichkeit freierer, vom bürokratischen Schematismus weniger beengter Tätigkeit
, nach einem Einsetzenkönnen ihrer ganzen Person, ihres besten, persönlichen
Könnens. Wir wollen diesem Streben fortan weitgehend Rechnung tragen.
Aus unserem Aufruf an die Schülerschaft geht hervor, wie wir uns diesen Geist
der Freiheit auch in Einrichtungen der Schule ausgedrückt denken. Wir sind uns
aber dabei dessen bewußt, daß äußere Einrichtungen allein nicht imstande sind,
solch eine neue Freiheit zu schaffen. Es wird darauf ankommen, ob sich Erzieher
finden, deren innerstem Gefühl diese Freiheit entspricht, Erzieher, die gewillt und
befähigt sind, sich nicht als die Vorgesetzten, sondern wesentlich als die älteren,
helfenden und führenden Kameraden ihrer Schüler zu betrachten. Wir machen es
niemandem zum Vorwurf, wenn sein Gefühl hier nicht mitkann, und verlangen
von einem solchen dann nur, daß er in seinem amtlichen Verkehr mit den Schülern
diesen eine Freiheit des Wortes und der Überzeugung einräume, wie sie in gebildeter
Gesellschaft selbstverständlich ist. Wir rufen aber alle diejenigen Kräfte
in unserer Lehrerschaft auf, junge und alte, die freudig bereit sind, den von uns
neu gewiesenen Weg der Freiheit in Unterricht, Verkehr und Erziehung zu wagen
und zu erproben. Sie erst werden die neuen Einrichtungen mit Leben erfüllen und
sich auch durch einzelne anfängliche Fehlschläge nicht beirren lassen, die fast unvermeidlich
sind bei einer bisher noch so wenig zur Freiheit erzogenen Jugend.
Ihnen wird aber auch, dessen sind wir sicher, als schönster Lohn ihrer Hingebung

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