Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 159
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1977/0169
Die Schülerselbstverwaltung in Sigmaringen

derer Triebe mißbraucht wird, insonderheit würde es einer edlen Jugend unwürdig
sein, sie zu irgendeiner Ungehörigkeit oder gar zur Rache für früher erlittenes
Unrecht zu benutzen. Nie werden wir dazu die Hand bieten. Euer Blick sei nach
vorwärts gerichtet. Wir erwarten von einer Jugend, die die furchtbarsten Zeiten
unseres Volkes mit Bewußtsein miterlebt hat, die Tausende ihrer Kameraden als
Opfer hat fallen sehen und die jetzt teilhat an dem großen Aufatmen des Volkes,
daß sie den weltgeschichtlichen Ernst dieser Stunde und die große Verantwortung,
die auf ihr ruht, begreife. Wir verlangen von Euch noch keine Stellungnahme zu
der politischen Umwälzung und Neuordnung. Und wo man versuchen sollte, Euch
zu einer Entscheidung gegen die neue Freiheit zu verleiten, da vertrauen wir auf
die Macht der Wahrheit und sind gewiß, daß der gesunde und unverbogene Sinn
der reiferen Jugend bald selbst die richtige Stellung zu den Ereignissen finden
wird. Wir wollen keine politisierende Jugend; wir wollen ein freies, freudiges und
unbefangenes Leben der Jugend; aber kindischer Unfug und leere Gedankenlosigkeit
dürfen darin keine Stätte mehr haben. Wir hoffen, daß die neuen Möglichkeiten
zur Mitwirkung an der Gestaltung Eures Schul- und Gemeinschaftslebens
Euch mit einem neuen Gefühl der Mitverantwortung für die Zukunft unseres Volkes
und mit einem freudigen Eifer zur inneren Erneuerung von Schule und Jugend
erfüllen werden. Möge ein neues Verhältnis von Kameradschaft zwischen Euch
und Euren Lehrern entstehen, möge die Luft der Schule gereinigt werden von dem
Ungeist der toten Unterordnung, des Mißtrauens und der Lüge. Alle Kräfte unseres
Volkes müssen angespannt werden, um ihm aus furchtbarem Zusammenbruch
ein neues, schöneres Leben zu erringen. Unermüdliche Arbeit und strengste Pflichterfüllung
ist das Gebot der Zeit auch im Lebens- und Wirkungskreis der Jugend.

Wir aber versprechen, daß wir die Arbeit der Jugend nicht nur von einem den
Körper schädigenden Übermaß, sondern auch von allen sinnlosen und verrotteten
Resten einer überlebten Zeit befreien und nach den Forderungen der neuen Zeit
und der ewigen Werte der Menschheit umgestalten wollen. Wir hoffen, der Jugend
bald die innere Gewißheit geben zu können, durch ihre Bewährung in Arbeit
und Freiheit an ihrem Teile mitzuschaffen am Wiederaufbau unserer Volksgemeinschaft
und an der Wiedergeburt unserer Kultur. Möge die Jugend durch
Ernst und Treue ein Vertrauen rechtfertigen, wie es ihr bisher in der Geschichte
noch nie entgegengebracht worden ist.

Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung

Konrad Haenisch"

Laut beigefügtem Erlaß waren die beiden Aufrufe in der Weise zu verteilen,
daß jeder Lehrer bzw. Lehrerin von jedem Aufruf je ein Exemplar erhielt. Der
Aufruf an die Schülerschaft war ans Schwarze Brett der Schule und in jeder Klasse
- in höheren Lehranstalten und Studienanstalten von Obertertia (nach heutiger
Zählung Klasse 9) an aufwärts - anzuschlagen, die übrigen Exemplare waren
unter die Schüler zu verteilen. Je ein Exemplar beider Aufrufe mußte zu den Akten
genommen werden. Weiterhin wurde für die Schulleiter angeordnet: „Sie wollen
gemäß den im Aufruf an die Schülerschaft bekanntgegebenen Bestimmungen
verfahren, möglichst bald die dort geforderte Versammlung einberufen und über
das Ergebnis ihrer Abstimmung uns [dem Ministerium] kurzen Bericht einsen-

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