Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 181
(PDF, 41 MB)
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Besprechungen

te. Bei der Aufhebung Weingartens gelangten umfangreiche Teile der Bücherbestände in
die Bibliotheken von Sutttgart, Darmstadt und Fulda. Autenrieth stellt nun die ursprünglich
in der Dombibliothek vorhandenen, heute weit verstreuten oder verlorenen kanonisti-
schen Texte vor, gibt ihre vermutliche Entstehungszeit und den Entstehungsort an und
versucht zu klären, auf welchem Weg die Handschriften nach Konstanz kamen. Insbesondere
untersucht sie auch die Textform, in welcher diese kirchenrechtlichen Handschriften
in der Dombibliothek vertreten waren, weil gerade die Abhängigkeit der Konstanzer
Exemplare von Texten anderer Überlieferungszweige einerseits aufschlußreich für die spezielle
Geschichte der Handschriften ist und andererseits viel darüber aussagen kann, ob
sich hier ganz individuelle Tendenzen des Konstanzer Bischofssitzes widerspiegeln oder
damals allgemein verbreitete Interessen. Ein Beispiel hierfür ist eine heute in der Stuttgarter
Landesbibliothek liegende Handschrift, die verschiedenstes aktuelles Schrifttum zum
Investiturstreit enthält, von dem Autenrieth vermutet, daß seine Sammlung auf den Konstanzer
Kanonisten Bernold zurückgeht, der sich damit ein persönliches Handexemplar
kirchenrechtlichen Materials zum praktischen Gebrauch und als Grundlage für seine eigenen
- teilweise in eben dieser Handschrift enthaltenen - Streitschriften zusammengestellt
habe. Die Tatsache, daß dieses Handexemplar kanonistischer Texte mehrfach abgeschrieben
und weiterverbreitet wurde, zeigt, daß während der Zeit des Investiturstreits die Beschäftigung
mit kirchenrechtlichen Texten im Bistum Konstanz einen Höhepunkt erreichte -
vor allem in Bernold und seiner Umgebung - und daß die Streitschriften in Südwestdeutschland
große Auswirkungen hatten.

Ergebnis der Untersuchungen Autenrieths ist, daß der Konstanzer Bischof zum großen
Teil wohl schon seit dem 9. Jahrhundert einen recht ansehnlichen Bestand von großen systematischen
Rechtssammlungen besaß, der bis in das 11. Jahrhundert hinein erweitert
wurde und alle damals maßgeblichen Quellen des älteren Kirchenrechts enthielt, die sowohl
für die praktischen Aufgaben des Bischofs als auch für die wissenschaftlich-theoretische
Beschäftigung vonnöten waren.

Kottje weitet den von Authenrieth für Konstanz gewonnenen Überblick über die kirchenrechtlichen
Interessen auf den Raum um den Bodensee mit den geistigen und kirchlichen
Zentren St. Gallen, Reichenau, Allerheiligen-Schaffhausen und St. Blasien aus, da
dieses Gebiet als eine geistige Einheit betrachtet werden kann. Er behandelt die Bücherbestände
der beiden Bodenseeklöster Reichenau und St. Gallen und weist anhand von Bibliothekskatalogen
und heute noch vorhandenen Handschriften nach, daß beide zwar ebenfalls
einen ihre klösterlichen Bedürfnisse sogar überschreitenden Fundus an kirchenrechtlicher
Literatur besaßen, daß sie jedoch einzeln genommen an den Bestand der Konstanzer
Dombibliothek weder in Umfang noch Bedeutung heranreichten. Dagegen besaßen beide
Klöster zahlreiche und vielfältige Bußbücher. Diese in Irland entstandene Literaturgattung
wurde vornehmlich durch Iren oder irisch beeinflußte Kreise auf dem Kontinent verbreitet
und war wegen ihren Angaben über die den einzelnen Sünden angemessenen Bußleistungen
für die Seelsorge außerordentlich wichtig. In Konstanz freilich fehlten Bußbücher
fast ganz. Aus der Reichenau sind noch drei solcher Bußbücher aus dem 9. Jahrhundert
erhalten, mehrere dieses Zeitabschnitts können aufgrund von Verzeichnissen und Literaturstellen
erschlossen werden. Für St. Gallen gar läßt sich im 9. Jahrhundert der Besitz
von über elf Bußbüchern erschließen, darunter auch zwei Exemplare der alten irischen
Bußbücher. Vielleicht ist diese umfangreiche Ansammlung auf die irisch beeinflußten Anfänge
St. Gallens zurückzuführen. Der geistige Zusammenhang und Austausch im Bodenseeraum
läßt sich eindrücklich dokumentieren an der Überlieferung einer Gruppe von vier
Handschriften, in denen Hrabans Bußbuch (Paenitentiale ad Heribaldum) und das sechste
Buch von Bischof Halitgars Bußbuch (Pseudo-Romanum) miteinander verbunden sind.
Diese Kombination aber ist nur im alemannischen Raum beheimatet, während sie eine
darüber hinausgehende Verbreitung nie gehabt hat. Von diesen vier Handschriften, heute
in Sutttgart, St. Gallen, München und Königswart bei Marienbad verwahrt, wurden drei
in St. Blasien und/oder Ochsenhausen, Schaffhausen und Konstanz und eine in Augsburg

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