Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
13(100).1977
Seite: 207
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1977/0217
Besprechungen

In seiner Arbeit, einer rechtswissenschaftlichen Dissertation der Universität Tübingen,
hat sich der Verfasser zum Ziel gesetzt, das Kirchengut im Ulmer Territorium, besonders
das der Stadt Geislingen, vor und nach der Reformation zu untersuchen. In gewissenhaften
Quellenstudien in den Stadtarchiven Ulm und Geislingen, im Hauptstaatsarchiv Stuttgart
und im Staatsarchiv Ludwigsburg hat der Verfasser sein Material ermittelt und ausgewertet
.

Der erste Hauptteil ist der vorreformatorischen Zeit gewidmet. Nach der Rechtsstellung
der Geislinger Bürger, die ulmische Landesuntertanen waren, wenn etwas günstiger
gestellt als die Bürger der Dorfgemeinden, behandelt der Verfasser die kirchlichen
Verhältnisse in und um Geislingen: Dekanat und Pfarrei Geislingen, die Geislinger Pfarrkirche
(Patronatsrecht, Neubau des 15. Jahrhunderts, die Kirchenfabrik und ihre Verwaltung
) und die gut dotierte Geislinger Pfarrpfründe. Es folgt ein umfassender Überblick
über den Weltklerus in Geislingen, über die einzelnen Kapellen, Altäre und Altarpfründen
und deren finanzielle Ausstattung, über die Jahrtagsstiftungen, den (verhältnismäßig geringen
) klösterlichen Besitz in Geislingen, über die Bruderschaften und schließlich über die
Wohlfahrtsinstitute (Spital, Siechenhaus, Reiches Almosen). Erwähnt wird auch die spätmittelalterliche
Geislinger Lateinschule, die jedoch bereits vor der Reformation einging.
Diese Kapitel vermitteln einen instruktiven Einblick in das kirchlich-religiöse Leben des
ausgehenden Mittelalters, lassen aber auch erkennen, daß die weltliche Obrigkeit auch im
kirchlichen Bereich zunehmenden Einfluß gewann und ausübte, so u. a. in die Vermögensverhältnisse
der einzelnen geistlichen Anstalten ordnend und lenkend eingriff.

Der zweite Hauptteil ist den Verhältnissen bei und nach der Einführung der Reformation
im Ulmer Territorium gewidmet. In der Reichsstadt Ulm war die Reformation zunächst
von den radikaleren Ideen Zwingiis und Bucers beeinflußt, was auch den Bildersturm
von 1531 erklärt; erst später setzten sich die gemäßigteren Auffassungen Luthers
durch. Nach dem Beitritt zum Schmalkaldischen Bund im Februar 1531 beschloß man in
Ulm die offizielle Einführung der Reformation. Im Juni 1531 wurde der gesamte Klerus
des Ulmer Territoriums zum „Examen der Pfaffen" vor eine Kommission in das Ulmer
Rathaus geladen, wo nach Darlegung der Glaubenshaltung über die Anstellung als reformatorischer
Prediger oder Amtsenthebung entschieden wurde. Der Geislinger Stadtpfarrer
Dr. Georg Oßwald, der als einziger die überlieferte Lehre mit Sachkenntnis und Geschick
zu vertreten wußte, verlor seine Pfarrei und durfte nicht nach Geislingen zurückkehren.
Auch andere Geistliche lehnten die reformatorischen Artikel ab und wurden abgesetzt, erhielten
jedoch jeweils eine Versorgung, zumal auch Luther eine auskömmliche Versorgung
abgesetzter Pfarrer und Altaristen befürwortet hatte.

Auf dem Weg über das Patronatsrecht konnte die weltliche Obrigkeit zahlreiche Pfarreien
, so die von Geislingen, entsprechend besetzen. Um auch auf Pfarreien fremder Pa-
tronatsherren einwirken zu können, bemühte sich Ulm um den Erwerb dieser Patronate
durch Kauf oder Tausch. Wenn solche Bemühungen nicht gelangen, ging der Ulmer Rat
bisweilen auch eigenmächtig vor.

Trostel zeigt, daß die Reformation im Ulmer Territorium zwar verhältnismäßig rasch
eingeführt wurde, daß diese Einführung aber nicht überall reibungslos vonstatten ging
und daß es noch nach Jahren Widerstand gegen die neue Lehre gab. Es herrschte zunächst
Mangel an qualifizierten Predigern, so daß nicht jede Pfarrei besetzt werden konnte. Zudem
war die Versorgung der evangelischen Prediger teilweise unzureichend, besonders
dann, wenn von den Einkünften der Pfarrpfründe die Versorgungszahlungen an den
amtsenthobenen Geistlichen abgingen. Eingehend behandelt der Verfasser, um wenigstens
das Wichtigste zu nennen, die Neuordnung des Kirchengutes, Pfarrbesoldung und Pfarrhausbaulast
, das Wohlfahrtswesen und schließlich das Schulwesen. Daraus ergibt sich alles
in allem, daß im Ulmer Territorium das Kirchengut nach den sich durch die Einführung
der Reformation ergebenden Änderungen nicht entfremdet, sondern für Seelsorge, Armenfürsorge
und Bildungswesen verwendet wurde.

Das Buch vermittelt eine Fülle von Stoff, der jeweils übersichtlich gegliedert ist. Ein-

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