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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0030
Kuhn-Rehfus

6. Sollen sie uff denn Jahr- und Wochenmarckhten kheinen Vorkhauff treiben,
weder in der Statt noch ufm Lanndt, da es geschieht und in Erfahrung gebracht
, solle die Wahr verfallen sein.

7. Sollen khein verderbliche Wahr, es habe Nahmen wie es wolle, ins Lanndt
bringen bey Straff 10 Reichsthaler.

8. Wann sie Schachen und daß Flaisch genüeßen werden, sollen sie gnediger Herrschafft
alßbaldt den Tax verfallen und zu bezahlen schuldig sein, von federn
Pfundt 1 Straßpurger Pfening.

9. Dem Wachtmaister Bernhardt Wallenhaußer ist die Inspection über obige
Puncten, so auch jeder Weill verfallende Straffen und der Juden Gelait Gelter
auffgetragen und committiert worden, darnach er sich zue richten.

Actum Hechingen den 28. Januarii 1650

Konzept, Papier.

Lagerort: Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 1 (Fürstentum Hechingen) C II 6 f Nr. 8.

Die Verlängerung des Schutz- und Schirmverhältnisses mußte nach Ablauf der
Schutzprivilegien von den Juden bei der Landesherrschaft jedesmal erneut beantragt
werden. Eine Verlängerung oder Neugewährung von Schutz und Schirm
mußte keineswegs genehmigt werden, sie stand vielmehr im freien Belieben der
Herrschaft.

Das folgende Beispiel zeigt, wie die fürstenbergische Landgrafschaft Stühlingen
(Südschwarzwald) Mitte des 18. Jahrhunderts alle Juden durch NichtVerlängerung
des Schutzes auswies und wie sich die Betroffenen bemühten, im Fürstentum
Hohenzollern-Hechingen neues Niederlassungsrecht zu erlangen.

Dieser sehr instruktive Aktenvorgang, bestehend aus einem Leumundszeugnis,
einer Bittschrift und drei Voten, d. h. Stellungnahmen der zuständigen Regierungsbeamten
, zeigt die grundsätzliche existentielle Unsicherheit einer nur geduldeten
Minderheit und ihre Abhängigkeit von willkürlichen Entscheidungen der jeweiligen
Herrschaft.

Im vorliegenden Fall waren die jüdischen Familien schon seit mehreren Generationen
in Stühlingen ansässig. Vergehen konnten ihnen nicht nachgewiesen werden
, ihre Handelstätigkeit war vielmehr nachgewiesenermaßen ehrlich, ihr Betragen
tadelsfrei gewesen.

Trotz prinzipieller Vorbehalte gegen Juden wegen ihres angeblich unehrlichen
Handelsgebarens wurde der Bittsteller mit seiner Familie, zu der auch der Schwiegersohn
zählte, unter Hinweis auf Reichsverträge in Hechingen aufgenommen,
weil die Familienmitglieder wohlhabend waren und man wegen der eigenen verarmten
Judengemeinde schon immer reiche Juden ins Land zu ziehen beabsichtigte.
Außerdem waren die Juden Pferdehändler, die dem Fürsten dienlich sein konnten,
sonst aber außerhalb des Landes handelten und somit nicht in enge Handelsbeziehungen
zu den eigenen Untertanen traten. Deshalb war anzunehmen, daß sie
weder in Kollision mit den wirtschaftlichen Interessen der christlichen Landeseinwohner
geraten, noch daß diese sich bei den Juden in größerem Maße verschulden
würden. Die Nützlichkeitserwägungen sind mit Händen zu greifen.

Die Neuaufgenommenen mußten ein gegenüber der bisherigen Praxis erhöhtes
Einstandsgeld und Schutzgeld bezahlen, das die Verwaltung nach freiem Ermessen

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