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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0040
Kuhn-Rehfus

Die Fürsten von Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen beantworteten
die immer wieder laut werdenden Forderungen der Untertanen, die
Juden ganz auszuweisen, mit der Einrichtung von Gettos in den Städten Hechingen
und Haigerloch. Die Landesverweisung kam für die Landesherren nicht ernstlich
in Betracht, obgleich gelegentlich damit gedroht wurde. Waren auch die
beiden hohenzollerischen Fürsten noch im 18. Jahrhundert bei weitem nicht so von
jüdischen Geldgebern abhängig wie andere Territorialherren, so wollten sie doch
auf die Einnahmen an Steuern, Schutzgeldern und anderen Abgaben nicht verzichten
. Außerdem war eine Ausweisung bei der weitgehenden Verschuldung der
Untertanen bei den Juden praktisch unmöglich. 1770 hatte die Haigerlocher
Judenschaft 17 819 Gulden bei den Einwohnern der Herrschaft Haigerloch ausstehen
Die Gettobildung trat in Hohenzollern sehr spät ein, nämlich 1752-1754 in
Hechingen und 1780 in Haigerloch. Außerdem mußten nicht alle Juden in das
Getto ziehen. Die Besitzer von eigenen Häusern in der Stadt bzw. die Familien
der Hofjuden waren ausgenommen. Tatsächlich folgte in Hechingen nur ein Teil
der Judenschaft der Aufforderung, in das Getto zu ziehen.

Bis zur Gettobildung lebten die Juden in den Städten Hechingen und Haigerloch
unter der christlichen Bevölkerung. Vor der Gettobildung war es ihnen auch
ganz allgemein, danach zumindest noch teilweise möglich, Häuser als Eigentum zu
erwerben und zu bewohnen. Das war nicht selbstverständlich. Im nahegelegenen
Dettensee beispielsweise durften die Juden keine eigenen Häuser kaufen oder
bauen, sondern mußten in herrschaftlichen Häusern leben. Und auch in Haigerloch
und Hechingen selbst war der Hauserwerb nicht immer unbestritten. Vielmehr
verboten ihn die Fürsten in unregelmäßigen Abständen immer wieder oder
räumten den Untertanen ein jährliches Rücklösungsrecht ein 63.

Die Zusammenziehung der Juden im Getto verschärfte die Absonderung von
der übrigen Gesellschaft noch beträchtlich. Das Getto grenzte auch optisch die
Judenschaft als eigenen religiösen, rechtlichen und sozialen Sonderbereich ein.
Damit aber, so wurde schon gesagt", gab es seinen Bewohnern auch ein festes
Selbstverständnis und trug viel zur Erhaltung und inneren Sicherheit des Judentums
bei - trotz aller Verwerflichkeit, die die Einsperrung in das Getto hatte. Ob
freilich für die hohenzollerischen Juden die Gettosituation von ähnlich positiver
Bedeutung war, mag bezweifelt werden, bedenkt man den späten Zeitpunkt der
Gettobildung. Wahrscheinlicher ist, daß die Ubersiedlung in einer Zeit, als die
Aufklärung andernorts die gesellschaftliche und politische Gleichberechtigung vorbereitete
, als Rückschritt empfunden wurde. Die Abgeschlossenheit im Getto
führte überdies auch zu einer geistigen Abgeschlossenheit und Verarmung.

In Hechingen wurde das Getto in den fürstlichen Kasernen auf der sogenannten
Friedrichsstraße außerhalb der Stadt eingerichtet. Die Gebäude blieben fürstliches
Eigentum, die Wohnungen wurden nur zur Miete ausgegeben. Das zum Um-
und Ausbau der Kaserne benötigte Geld mußte von den Juden selbst vorgestreckt
werden und wurde später auf den Mietpreis angerechnet.

a Hodler: Geschichte des Oberamts Haigerloch, S. 337.
M Ebenda, S. 340-341.
M Monumenta Judaica, Handbuch, S. 311.

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