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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0047
Juden in Hohenzollern

zur Helfte gnädigster Herrschafft und zur Helffte der Judenschafft Armenkasten
unverweilt zu erlegen ist. Und wann ein Armenkasten-Pjleeger aufzustellen oder
eine Abänderung darmit zu machen wäre, kan hierinn der Barnas nach Anleitung
der jüdischen Ceremonien, wie von alters her üblig geweßen, das Nötige vornehmen
und gnädigster Herrschafft die Anzeuge davon machen.

Drittens: Wann nöthig wäre, eine Juden Gemeind zusammen zu ruffen, so ist
der Barnas befugt, die Gemeinde bey Herrschafft Strafe in seine Logie biethen zu
lasßen, aber so zu halten, das hierbey wieder gnädigste Herrschafft sowohl als
dero Unterthannen nichts unternommen werde, inmasßen alles weitere der Herrschafft
allein zu untersuchen und zu bestraffen bevorbleibt, folglich sothanne
Gemeindhaltung pur allein auf der Juden Unterredung ihrer Ceremonien gemäss
erlaubt seyn solle.

Viertens ist der Barnas befugt, die Judenschafft auf ein anständiges Betragen
und sonst zu allen Guten anzuweißen und nach denen Ceremonien zu corrigiren.

Fünfftens wird ihm gestattet, da er mit Geschäfften überhaufft oder ab-
weesend wäre, nach seinem Belieben aus der Judenschafft einen Deputirten zu
wählen, der ihm in Geschäfften an Hand gehet und in seiner Abweeßenheit seine
Stelle vertritt.

Sechstens ist ihm erlaubt, zu Belohnung seiner Mühe und Zeitversaumnuss, da
er mit einem oder mehrern Juden in Geschäfften zu der Herrschafft oder zu
Oberamt zu gehen hat, von einer Partie dreysig Kreuzer Taggeld zu fodern.

Siebentens wird ihm Barnas die Gewalt eingeräumt, die Streitsachen, die Juden
unter einander haben, auszumachen, alles Strafbare entgegen hat er bey Oberamt
anzuzeugen und sich bey schwerer Verantwortung nicht zu unterstehen, etwas
gegen gnädigste Herrschafft oder das Oberamt zu verheelen. Alles getreulich und
ohne Gefährde.

Zu Urkund desßen ist ihm gegenwertige Instruction unter Vortrukung des
hiesigen Canzley Signets zugestellet worden. So geschehen Glatt am Neccar
den 5 ten Merz 1778.

Hochfürstlich Murische Oberamts Kanzley allda
Pater Laurentius Bury,
Statthalter, manu propria 29

Original, Papier, Papiersiegel.

Lagerort: Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 163 (Murische Herrschaft Glatt), Akten
Nr. 112.

Über die gedrückte soziale und wirtschaftliche Lage der Landjuden gibt eine
Bittschrift beredte Auskunft, die die Judengemeinde in Dettensee 1796 an ihre
Obrigkeit, den Stift Murischen Statthalter, richtete. Dieses Schreiben ist gleichzeitig
ein Dokument der Aufklärung. Interessanterweise hatte die jüdische Gemeinde
seine Abfassung einem württembergischen Kanzleiadvokaten gegen Bezahlung
in Auftrag gegeben, wahrscheinlich um die erforderliche Diktion zu treffen,
der sie selbst nicht mächtig war.

Die Aufklärung mit ihren Idealen der menschlichen Freiheit und Würde und
ihrem Glauben an die Vernunft wandte sich gegen die Unterdrückung der

67 Wohnung.

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