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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0050
Kuhn-Rehfus

Je härter und drückender das gegenwärtige Schicksal von Teutschland über-
haubt, insbesondere aber für die ärmere Classe und vorzüglich die Judenschafft ist,
je grösser und auffoderender daher der Wirckungs-Kreis für den edlen Menschenfreund
wird, desto zuversichtiger hoffen wir von der bekannten edlen Denckungs-
art Euer Hochwürden Gefühl für unsere Klagen und die für uns so leicht mögliche
Hülfe. Die Hoffnung hierzu wird bey uns desto stärcker, indem von den Zeiten
des barbarischen Mittelalters hinweg biß auf den heutigen Tag jedes Jahrhundert
rühmliche Fortschritte zu Begründung der natürlichen Menschenrechte, die ohne
Stand, ohne Glaub ens-Bekentniß bestehen, unaufhaltsam gemacht hat, da man
aufgehört hat, Juden minder schonend als Thiere zu behandlen, da die erste Beherrscher
Teutschlands durch die rühmlichste Beispiele den Eifer geschwächt
haben, mit welchem die Judenschafft verfolgt wurde, da von dieser wie von jedem
Staatsbürger mehr nicht als National Tugend gefordert wird, und nach disen
Grundsäzen in ganz Teutschland, insbesondere aber auch in unserer Nachbarschafft
allgemein die Judenschafft das Glück hat behandelt zu werden. Wäre es
demnach nicht V'erbrechen, von uns nur zu zweiflen, daß auch wir von Seiten
unserer gnädigsten Herrschafft gleicher Duldung, gleicher milder Behandlung uns
zu erfreuen haben und auf gegenwärtige unterthänigste Vorstellung nun den Beweiß
erhalten werden, daß der uns verliehene Schuz aus uneigennüziger Menschen
Liebe fließe, daß Wohlthun Wirckung des Herzens und ihres Glaubens seye und
sich nicht durch gleiche oder ungleiche Denckart bestimmen laße.

Nach diser uns Muth einflößenden Voraussezung schreiten wir nun den
Gegenständen näher, welche unsere Bitten umfaßen.

So wenig Juden, vermöge ihrer Religion Verfaßung und der daraus fließenden
Lebensart irgendwo als Bürger in Deutschland bestehen können, so gewiß ist dar-
gegen, daß ihnen alles das zu theil werden kan, was nicht notwendig die Eigenschafft
eines Bürgers erfordert, dann die Frage: ob Duldung der Juden kleinen und
großen Staaten, einzelnen Bezircken und Orten in moralischem Betracht schädlich
oder nüzlich oder keines von beiden seye? bedarf, wäre sie auch nicht längst schon
zur Ehre der Menschheit berichtigt, keiner Beantwortung mehr. Die Erfahrung hat
entschieden - Juden sind aufgenommen, wo es die Verhältniße nur immer erlauben
, und unser ganzes Jahrhundert weißt auch nicht ein einziges Beyspiel von
Deutschland auf, daß solche um ihrer Denck- und Handlungsart irgendwo vertrieben
worden wären. Ob ihre Duldung nach politischer Rücksicht schädlich seye
oder nicht - darüber hat man sich lange gestritten — die Haubt Argumente der
Gegner sind — daß Juden dem Staat keinen reelen Nuzen bringen, indem solche
weder Feldbau noch Handwercker treiben, daß dieselbe an den Staats Lasten
nichts leiden, dem Bürger, welchem sie nach manchem Betracht ganz an der Seite
stehen, nicht den geringsten Nuzen, dem Landes Herrn aber nur auf Unkosten
seiner rechtsmäßigen Unterthanen einigen Gewinn verschaffen. Dise Behauptungen
aber laßen sich eben so wenig allgemein annehmen als verwerfen und bedarfen um
so weniger einer Widerlegung, da die Verhältniße hier alles bestimmen, dann so
schädlich es zwar z. B. allerdings seyn würde, wann mitten in den Herzoglich
Württembergischen Landen eine beträchtliche Judenschafft sich niederlaßen
würde, eben so unersezlich würde für den Fürsten von Hechingen diser Verlust
seyn. Welchen Einfluß nun die Judenschafft auf den Ort Dettensee habe ist leicht
zu bestimmen. Der Saz findet keine Anwendung, nach welchem Duldung der

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