Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0051
Juden in Hohenzollern

Juden in politischer Hinsicht Einschrenckung finden muß, nehmlich auf die Nahrungszweige
der dortigen Einwohner haben Juden nicht den geringsten Einfluß,
ihre von den Christen ganz verschiedene Lebensart hat auf das gemeinschafftliche
Bedürfniß der Lebensmittel nicht einmal Bezug, und der Erwerb von uns allen
fließt, wie diß genugsam bekannt ist, ganz allein von außwärtigem Handel her,
unser Nahrungszweig ligt ganz allein im Außland, folglich entgeht nach keiner
Rücksicht der dortigen Bürgerschafft das geringste durch uns, und ist, solten sich
unsere Familien in die Zukunfft auch ausdehnen und vermehren, eben so wenig zu
befürchten - wir benuzen alsdann ein paar Spangen Erdboden weiter und werden
selbst im Fall drückender Armuth bekannter maßen niemand zur Last, unsere
gnädigste Herrschafft aber erhält für den uns ertheilten gnädigsten Schuz respec-
tive in gleichem Verhältniß mit jedem anderen Unterthanen die gebührende
Abgaben.

Wie glücklich würden wir seyn, wann sich der Umfang des uns ertheilten
Schuzes soweit erstreckte, als er sich unbeschadet der gnädigsten Herrschafft und
des Bürgers erstrecken könnte, doch - wir wollen in unsern Wünschen nicht so
weit gehen, wir wollen nur bey den dringensten Bedürfnißen stehen bleiben, zu
welchen uns die höchste Noth jezt nötigt.

Euer Hochwürden ist bekannt, wie unsere aus 25 Familien bestehende Juden-
schafft in 3 Herrschafft Gebäuden zusamen gedrängt ist, so daß bei mehrere
Familien der Plaz kaum zu Lagerstätten für die Nacht hinraicht. Wir wollen
nicht davon reden, wie traurig es ist, wann eine ganze Haußhaltung in 2 kleinen
Gemächern (mehr hat keiner von uns) ihr Leben das ganze Jahr hindurch zubringen
solle. Wir schweigen davon, welchen Nachtheil dise Lebensart für die
Gesundheit haben muß, und führen nur diß an, daß in mehreren von disen kleinen
Wohnungen bereits 2 Familien eingepfropft sind, daß in all unsere Wohnungen
Väter, Müter, Kinder und Gesind meist auf einem Haufen schlafen, daß dise
durch die Notwendigkeit gedrungen sind, alle Sittlichkeit zu vergeßen und sich
ohne Unterschied des Geschlechts vor- und nebeneinander anzukleiden - treffen
solche Gemächer dann noch Kranckheiten oder Wochenbetten, so ist das Elend
noch gröser und gewiß offt nahmenlos. Könnte der edle Menschenfreund, der das
Elend seiner Brüder aufsucht um es zu erleichtern, in einem solchen Zustand
öffters in unsere Wohnungen blicken, gewiß, das Mitleid würde ihm Thränen entlocken
, wann er sehen müßte, daß viele von uns Verbrecher, die in Gefängnißen
schmachten, um ihren Zustand zu beneiden haben.

Solten Euer Hochwürden an der Wahrheit diser Erzälung zweiflen, so bringen
Dieselbe der leidenden Menschheit das Opfer, sich selbst hochgenaigtest in unsere
Wohnungen zu verfügen und ein Elend selbst zu sehen, das wir weit tiefer noch
fühlen, als die schwache Züge es schildern, mit welchem wir solches hier niedergeschrieben
haben.

So groß dises Elend ist, so leicht sind die Mittel zu finden, solchem abzuhelfen,
sie bestehen darinn, daß entweder die gnädigste Herrschafft die Gnade vor uns
hat, die weiter nötige Wohnungen erbauen, uns aber dargegen einen den Aufwand
entschädigenden Haußzinnß bezahlen laßen, oder aber, daß uns gnädigst gestattet
werde, auf unsere Kosten Wohnungen erbauen oder erkauffen zu dörfen.

Für die Erwählung eines oder des andern Mittels zu unserer Rettung spricht
das von uns geschilderte Elend schon hinlänglich das Wort, und solte eines oder

45


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0051