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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0056
Kuhn-Rehfus

15. Dezember 1829

Bittschrift der Haigerlocher Juden an Fürst Anton Alois von Hohenzollern-
Sigmaringen um Zuerkennung der staatsbürgerlichen Rechte.

Durchlauchtigster Souverainl
Gnädigster Fürst und Herr Herr!

Unterthänigste Bitte der gehorsamsten Judengemeinde zu Haigerloch um
höchstgnädigste Regulirung ihrer staatsbürgerlichen Rechte.

Mit kommendem Mai 1830 enden die in dem wirklichen höchsten Schuzbriefe
enthaltenen Bestimmungen über die Verhältnisse der Judengemeinde zu Haigerloch
, weßwegen wir unsere unterthänigste Bitte zu Füßen Euer Hochfürstlichen
Durchlaucht zu legen uns die ehrerbiethigste Freiheit nehmen.

Wir sind von der Weisheit und Milde Euer Hochfürstlichen Durchlaucht tief
durchdrungen und erlauben uns daher nicht, Vorschläge oder Wünsche untertänigst
vorzubringen, auf welche Euer Hochfürstliche Durchlaucht Rüksicht
nehmen sollten.

Euer Hochfürstliche Durchlaucht werden die Bedürfnisse der unterthänigsten
Gemeinde erkennen und höchstgnädig solche Verfügungen treffen, die denselben
entsprechen.

Die in andern Staaten eingetrettenen günstigen Veränderungen werden für uns
nicht nutzlos sein.

Uiberall hebt sich der Israelite im Schutze gedeihlicher Geseze aus dem finstern
Druke und ist ihm gestattet, seine natürlichen Rechte geltend zu machen. Weise
Gesezgeber und Representanten ganzer Völker haben ausgesprochen, daß die
Religionsverschiedenheit nicht Grund zu Beeinträchtigung dieser Rechte sein
könne; daß die Persönlichkeit des Juden ihn auch nicht des Schutzes milder
Geseze unwürdig mache, und derselbe Fähigkeiten besize, die ihm gegebenen Freiheiten
zum Vortheile des Staatswohls zu gebrauchen.

Es ist praktisch erwiesen, daß eine Beeinträchtigung der Israeliten den christlichen
Unterthanen keinen Vortheil gewähre, im Gegentheil, der Nachtheil entspringe
, daß sich beide Theile nie nähern können, und sich der Jude, ausgeschlossen
von Allem, sich nur auf sich beschränken müße. Feindselig behandelt, schließt
er egoistisch einen Kreis, innerhalb welchem sich seine Thätigkeit bewegt, da er,
wenn er diesen übertretten könnte, zurükgewiesen würde.

Er wird aber, zu gleichen Rechten empor gehoben, diesen engen Kreis überschreiten
und sich zur Aufgabe seines Lebens machen: die durch seine Emancipa-
tion erlangten rechtlichen Befugnisse zum Wohle des allgemeinen Besten anwenden
und dem Staate als fleißiger, treuergebener Bürger nützlich werden.

Ein Haupthinterniß gegen das Aufkommen der Juden zum geregelten Staatsbürger
ist unstreitig der Umstand, daß denselben der Erwerb liegender Güter erschwert
, ja sogar untersagt ist. Sie können kein Grundstük erkaufen, da ihnen der
Einspruch eines Einzelnen das bereits Erworbene entreißt.

Hiedurch ist der Jude von dem Akerbaue ausgeschlossen und allein auf seinen
Handel beschränkt. Mit dem besten Willen kann er seine Thätigkeit nicht anwenden
.

Es wäre daher hart, wenn man den Israeliten des Müßigganges oder der Trägheit
beschuldigen wollte, da ihm alle Gelegenheit genommen ist, sich anders als
durch Handel zu beschäftigen.

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