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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0061
GÜNTHER HASELIER

Totschlag oder Ermordung

eines Hechinger Juden im Jahr 1560

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Zwei im Generallandesarchiv Karlsruhe liegende Schriftstücke1 bewahren die
Erinnerung an ein Vorkommnis, das vor fast 420 Jahren in Hechingen gewiß
großes Aufsehen erregt hat. Sie berichten von dem gewaltsamen Tod eines Hechinger
Juden, den ein junger Priester der Pfarrkirche in Hechingen zu verantworten
hatte. Dabei ging es in der Hauptsache darum: war es Mord oder nur Totschlag?
Die Herkunft der beiden Schriftstücke ist nicht mehr festzustellen. Beide waren
sie eingebunden in Kopialbücher; in das Kopialbuch Nr. 1918 das eine, in das
Nr. 1919 das andere. In letzter Zeit wurden sie beide der Abteilung 82 a (Konstanz
Extradita Zürich) zugewiesen. Demnach ist es unbezweifelbar, daß beide
Schriftstücke aus dem bischöflichen Konstanzer Archiv stammen, wenn auch noch
ungeklärt ist, welche bischöflich Konstanzer Behörde oder welche bischöflich
Konstanzer Behörden diese zwei interessanten Aktenstücke produziert haben. Bei
dem Vorfall ging es um folgendes:

Zu Ende des Jahres 1558 oder bald nach Beginn des Jahres 1559 wurde der aus
Binsdorf2 bei Hechingen gebürtige Neupriester Jörg Schanz als Helfer des Stadtpfarrers
von Hechingen eingestellt. Heute würde man diese „Helfer" als Kapläne
oder Vikare bezeichnen, es gilt aber zu beachten, daß der junge Priester auf keine
Kaplaneipfründe investiert, also kein „Kaplan" im kirchenrechtlichen Sinne war;
noch war er im kirchenrechtlichen Sinn Stellvertreter (vicarius) des Stadtpfarrers.
Als Helfer wurde er vielmehr von dem Pfarrer (rector ecclesiae) der Pfarrkirche
angestellt und aus den Mitteln bezahlt, die dem Pfarrer als Inhaber der Pfarrpfründe
zuflössen. Daß Jörg Schanz aus Binsdorf gebürtig war - in diesem Dorf
befand sich damals ein Dominikanerinnenkloster - wissen wir auch aus der
Matrikel der Universität Freiburg i. Br. Dort ist unter dem 7. November 1556

1 Im Quellenanhang abgedruckt. I: Karlsruhe, GLA: 82 a (früher 67/1918) Bd. 4 foL 130;
II: ebd. 82a (früher 67/1919) Bd. 5 fol. 129. - Die Texte wurden hinsichtlich der
Interpunktion, Groß- und Klein-, Getrennt- und Zusammenschreibung sowie des Gebrauchs
von u und v (zu u vokalisch, v konsonantisch) normalisiert. In eckigen Klammern
Konjekturen.

1 Binsdorf, heute Stadtteil von Geislingen (Zollernalbkreis). Die Ortsherrschaft kam
zwischen 1267 und 1315 von den Grafen von Zollern an die Grafen von Hohenberg,
die dem Ort Stadtrecht verliehen. Nach verschiedenen Verpfändungen kam die Stadt
1381 an Österreich und war dann Teil der Grafschaft Hohenberg. Das Frauenkloster
geht auf eine Klause bzw. ein Beginenhaus zurück, das 1312 dem Dominikanerorden
unterstellt wurde.

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