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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0062
Haselier

verzeichnet: Jeorgius Schantz, Bynsdorfhen[sis], dioc[esis] Co»st[antiensis], lai-
cus3. Vielleicht darf man aus diesem Eintrag auf ein damaliges Alter des Schanz
von 16 Jahren schließen, demnach wäre er zur Zeit, als er die verhängnisvolle Tat
in Hechingen beging, 20 Jahre alt gewesen. Allerdings kann sich diese Annahme
nur auf allgemeine Erwägungen, nicht auf eine Quellenaussage stützen.

Die tragische Geschichte begann eines Mittwochs. Da hat Schanz den Juden
gebeten, ihm zwei Gulden zu leihen. Dieser Bitte entsprach der Jude, verlangte
dafür aber ein Pfand. Daraufhin gab der Helfer seinem Kontrahenten ein zinnernes
Weingeschirr - vermutlich einen Krug und Becher, eventuell ein Tablett — sowie
einen Kappen, vermutlich ein Kleidungsstück4. Am Zinstag, also am darauffolgenden
Dienstag, suchte der junge Priester seinen Gläubiger in der Altstadt
von Hechingen auf und fragte ihn, an welchem Tag er seine Schuld begleichen
müsse. Als der Gläubiger das dem Schuldner freistellte, fragte letzterer, wann er
seine beiden Pfänder wieder erhalten würde. Daraufhin begab sich der Jude in die
Wohnung des Schanz, und dort erhob sich zwischen den beiden ein Streit wegen
der Höhe des Zinses. Der Verleiher forderte zuerst zwei Batzen, zuletzt sechs
Kreuzer, während der Schuldner nur zwei Pfennig zu geben bereit war. Dies verleitete
den Gläubiger dazu, seinem Schuldner viel böse Worte zu geben, was der
Beschimpfte damit beantwortete, daß er seinem Kontrahenten ein gerade daliegendes
Buchenscheit auf den Kopf schlug und den wahrscheinlich dadurch
Betäubten die Treppe hinunter warf. Dabei wurde der Jude so schwer verletzt,
daß er nach etwa einer Stunde starb.

Man darf diesen Bericht wohl als die Schilderung des Pfarrhelfers betrachten,
die er im Verlauf eines nach seiner Verhaftung mit ihm vorgenommenen Verhörs
gab (Anhang I). Nach dieser Schilderung stellt sich der Vorgang als ein im Affekt
begangener Totschlag dar, aber die Anklagebehörde sah die Sache offensichtlich
in einem andern Licht. Das andere Aktenstück (Anhang II) berichtet nämlich, daß
Jörg Schanz seinen Gläubiger auf eine verabredete Stunde zu sich in seine Wohnung
bestellt und ihn aufgefordert habe, die erhaltenen Pfänder mitzubringen.
Das Protokoll vermerkt ausdrücklich, daß bei dieser Verabredung seitens des
Schanz Vorsatz im Spiel gewesen sei. Als nämlich der Jude das Haus des Helfers
betreten hatte, habe dieser den andern mit einer eigens für diese Tat entlehnten
Haue oder Hacke auf den Hinterkopf geschlagen und ihm dabei das Genick gebrochen
und, als er am Boden lag, auch noch die Herzrippen gebrochen. Dies
hätten von der Obrigkeit mit der Untersuchung des Getöteten beauftragte Biederleute
festgestellt. Danach aber habe Schanz dem Getöteten seine Tasche und einen
Ring, den dieser am Finger getragen habe, entwendet. Ferner habe er unter Abschneidung
der Gürtel und Nestel (Schnürbänder) den Toten gänzlich beraubt,
und den toten Körper wohlbedächtlich in einer Kuhkrippe im Stall versteckt. Als
der Vater des Ermordeten eine Suche nach dem Verschwundenen in Gang gebracht
hatte, habe er sich arglos gestellt und sich in seinem Wohnhaus an der
Suche nach dem Juden beteiligt, um sich auf diese Weise als unschuldig und

3 H. Mayer [Bearb.J, Die Matrikel der Universität Freiburg i. Br. 1460-1656, Bd. I

(Freiburg 1907), S. 421.
* Kapuzenmantel oder Mütze, vgl. H. Fischer [Bearb.J, Schwäbisches Wörterbuch,

Tübingen 1904-1936, Artikel „Kapp".

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