Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0089
Hohenzollern-hechingischer Landesvergleich

feststellen, daß die Position der Kaiser eine Verstärkung und ihre Politik einen
weiteren Radius erhielt als vorher - da aber zugleich auch die Stellung einiger
deutscher Territorien, allen voran Preußens, sich verstärkte, handelte es sich hier
um einen komplizierten Prozeß, der sich vor allem bei den kleineren Territorien
in Richtung auf eine verstärkte Einflußnahme des Kaisers auswirken mußte *°.

Es lag im Bestreben des Wiener Reichshofrats, innerterritoriale Konflikte auszugleichen
. Dies war nicht nur der reibungsloseste Weg, sondern zugleich die
beste Möglichkeit, Einfluß auf das Geschehen in den Territorien zu bekommen.
Die Praxis des Ausgleichens, Vertragschließens teilte sich in starkem Maße der
Reichsverfassung mit - während in West- und Südeuropa vor allem das 17. Jahrhundert
eine Abfolge von Revolten sah, entschieden im Reich die Reichsgerichte
in Wien und Wetzlar oder die Hof- und Kammergerichte der großen Territorien
die Konflikte, d.h. sie kanalisierten und entschärften sie. Hohenzollern-Hechin-
gen als die eklatanteste Ausnahme ist dafür allerdings auf den ersten Blick ein
schlechtes Beispiel. Immerhin ist auch hier eine Tendenz zur Schaffung von festen
Spielregeln unübersehbar, die diese Auseinandersetzungen justiziabel machten.
Gerade der Extremfall des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen ist geeignet, die
Strukturen auszuleuchten. Innerhalb vieler Reichsstädte und Territorien konnte
der Reichshofrat, aber auch das Reichskammergericht die Konflikte mit Verträgen
beilegen - damit aber stehen wir bereits im Vorfeld der Verfassungsbewegung
des 19. Jahrhunderts.

Diese Tendenz wurde verstärkt im Siegeszug der Aufklärung. Die genannten
Entwicklungen der Reichsverfassung verbanden sich mit einer Welle naturrechtlichen
Denkens. Zugleich aber trat eine spürbare Rationalisierung ein; unverkennbar
hat der aufgeklärte Absolutismus Kaiser Josefs II. hier vorgearbeitet.
Mit der großen Visitation von 1767 bis 1776 suchte der Kaiser auch das Reichskammergericht
zu beeinflussen30. Andererseits aber konnten sich die obersten
Reichsgerichte auch nicht der neuen Bewegung der Physiokraten entziehen, die
die Bauern in einem neuen, positiveren Licht sahen81. Untertanenfreundliche
Tendenzen hatte es an beiden Reichsgerichten schon immer gegeben. Nun aber
erhielten sie eine neue Grundlage - zugleich aber kamen Vorstellungen der Repräsentation
auf, die freilich noch weit entfernt waren von den Ideen des modernen
Parlamentarismus, auch wenn unverkennbar ist, daß es Verbindungen
gab. Unter diesen Bedingungen waren bessere Voraussetzungen gegeben, um die
leidige Frage der hohenzollerischen Untertanen endgültig zu lösen.

V. Press: Französische Volkserhebungen und deutsche Agrarkonflikte zwischen dem
16. und dem 18. Jahrhundert. In: Beiträge zur Historischen Sozialkunde 7. 1977,
S. 76-81. Auch: P. Moraw I V. Press: Probleme der Sozial- und Verfassungsgeschichte
des Heiligen Römischen Reiches im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit
(13.-18. Jahrhundert). In: Zeitschrift für Historische Forschung 2. 1975, S. 95-108.
Smend: Reichskammergericht, S. 232-238.

G. Franz: Geschichte des deutschen Bauernstandes vom frühen Mittelalter bis zum
19. Jahrhundert (Deutsche Agrargeschichte 4). 1970, S. 233-240. A. Eichler: Die Landbewegung
des 18. Jahrhunderts und ihre Pädagogik. 1933. /. G. Gagliardo: Moralism,
rural ideology and German peasant in the late eighteenth Century. In: Agricultural
History 42. 1967, S. 79-102.

83


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0089