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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0090
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Hinzu kamen aber noch äußere Einwirkungen. Bislang unerforscht ist die
Fern Wirkung der Agrarreformen Kaiser Josefs II. auf den nichthabsburgischen
Südwesten Deutschlands. Auch wenn diese Reformen gerade in Vorderösterreich
- einer Zone der Grundherrschaft - offenkundig nicht besonders wirkungsvoll
waren, da sie auf die gutswirtschaftlichen Verhältnisse Ostmitteleuropas zugeschnitten
waren, mußten sie doch eine Signalwirkung auf jene Gebiete in Südwestdeutschland
ausüben, die nicht unter habsburgischer Herrschaft standen -
hier war weitgehend die Identität von Grundherr und Landesherr gegeben. Auf
der anderen Seite konnte es sich Österreich mit seiner weitgespannten und daher
billigeren Verwaltungsmaschinerie eher leisten, den Untertanen gegenüber großzügig
zu sein als die kleinen Herren.

Diese mußten neben einer standesgemäßen Hofhaltung auch noch den Büro-
kratisierungsschub des 18. Jahrhunderts finanziell verkraften. Wichtiger aber
noch waren die Französische Revolution und das siegreiche Vordringen der Truppen
Frankreichs am Oberrhein. Ohne Zweifel werden die „süddeutschen Jakobiner
" neuerlich überschätzt32 - die Bewegungen, die von der Revolution im
schwäbischen Reichskreis ausgelöst wurden, hatten sicher vielfach altständisch-
konservative Tendenzen und konnten deshalb auch teilweise gegen die Revolution
mobilisiert werden. In jedem Fall aber steigerten die Ereignisse das Selbstbewußtsein
deutscher Untertanen, wenn sie auch nur zur Hälfte verstanden, was in Paris
vor sich ging, und animierten sie zur Opposition. Diese lag um so näher, als der
Krieg gegen das revolutionäre Frankreich ungeheure Summen verschlang, an
denen viele deutsche Länder noch bis weit ins 19. Jahrhundert hart zu tragen hatten
. Die kleinen Herren waren in ihrer Ohnmacht bloßgestellt. Die steigenden
Geldforderungen namens des Reiches und der Reichskreise provozierten weitere
Unruhen33.

Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, daß auch die Hechinger Untertanen
wieder in Bewegung gerieten - aber es ist auch kein Zufall, daß jetzt der
Ausgleich gelang. Nachdem auch kleinste Unruhen in den Jahren zuvor ausgeblieben
waren, häuften sich wieder unerlaubte Versammlungen. Die hausierenden
Untertanen aus dem Killertal hatten offenkundig etwas vom Geist der Unruhe
aus Frankreich und der Schweiz ins Land gebracht. Trotz der Abmahnungen des
Fürsten Josef Wilhelm, der tatsächlich bereits ein milderes Regiment geführt
hatte als seine Vorgänger, gingen die Untertanen dann wieder den Weg ans
Reichskammergericht. Deutlich zeigte sich, daß sich im Land inzwischen feste
Traditionen der Auseinandersetzung eingefahren hatten. Ursprünglich in der
altertümlichen Form des „Schwurverbandes" - einer Eidgenossenschaft - gegen

Dazu die vorzügliche Studie von H. Scheel: Süddeutsche Jakobiner, Klassenkämpfe
und republikanische Bestrebungen im Deutschen Süden Ende des 18. Jahrhunderts.
1962. Auch Scheel konnte sich nicht ganz der Suggestivkraft des Namens „Jakobiner"
entziehen.

Zu den Unruhen im Südwesten: Scheel: Jakobiner. G. Franz: Geschichte, S. 240-252.
H. W. Eckardt: Herrschaftliche Jagd, bäuerliche Not und bürgerliche Kritik. Zur
Geschichte der fürstlichen und adeligen Jagdprivilegien, vornehmlich im südwestdeutschen
Raum (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 48). 1976,
S. 169-186.

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