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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0097
Hohenzollern-hechingischer Landesvergleich

Rechtshistoriker in seiner entscheidenden Bedeutung bislang noch nicht gewürdigt
haben. Es ermöglichte die korporative Prozeßfähigkeit auch jener Untertanen, die
keine landschaftliche oder landständische Vertretung hatten. Das Syndikat rührte
aus dem Recht der römischen Plebs, einen Syndikus für ihre Auseinandersetzungen
mit dem Patriziat zu bestimmen und gelangte über die Rezeption des römischen
Rechts in das Prozeßrecht vor den deutschen Reichsgerichten. Hier war es offenbar
zunächst verwendet worden in den Konflikten städtischer Gemeinden mit dem
patrizischen Rat und hatte im 18. Jahrhundert eine zunehmende Bedeutung für
die Untertanenprozesse gewonnen. Durch eine bestimmte Person, in der Regel
einen vereidigten Notar, wurden alle mündigen männlichen Untertanen eines
Landes über ihre Einstellung zu einem Prozeß gegen den Landesherrn befragt.
Wurde eine qualifizierte Mehrheit, nämlich zwei Drittel aller Befragten erreicht,
galt ein gleichzeitig benannter juristischer Vertreter der Untertanen als bevollmächtigt
, in ihrem Namen, also im Namen der Korporation des Landes oder
einiger seiner Gemeinden zu handeln. Das Syndikat zog jedoch auch die Freiheit
für die Untertanen nach sich, sich zu versammeln und Gelder zur Prozeßführung
einzuziehen. Das Syndikat bedeutete also nichts anderes, als den korporativen
Zusammenschluß der Untertanen eines Landes zum Zwecke der Prozeßführung
- damit war jedoch ohne Zweifel auch ein Schritt getan, der über diesen engeren
Zweck hinausführte5S.

Auch der Fall Hohenzollern-Hechingen zeigt, welche Dynamik sich aus dem
Syndikat entwickeln konnte. Der subdelegierte Kommissär Reuß zog dabei selbst
durch die Gemeinden, ohne mit ihnen direkt zu verhandeln, ein überaus geschickter
Schachzug, da ihn dieses Vorgehen gegenüber dem Landesfürsten unangreifbar
machte; Reuß legte den Untertanen einen Fragenkatalog vor84. Diese sollten sich
mit überwältigender Mehrheit für den Prozeß entscheiden und gemeindeweise ihre
Vertreter wählen. Mit dem Syndikat schien bereits einem Teil ihrer Forderungen
Genüge getan zu sein. Die Prozedur des Syndikats brachte es überdies mit sich,
daß nun der Entscheidungsprozeß bei den Untertanen in juristisch einwandfreie
Bahnen gelenkt war, daß sie nun alle Entscheidungen mit Stimmenmehrheiten
treffen konnten. Dies bedeutete, daß die weitere Entwicklung ebenso wie die Personen
der gewählten Deputierten von einer unanfechtbaren Mehrheit der Untertanen
getragen waren. Damit aber war zugleich die bislang illegale Landschaft
praktisch legalisiert - sie war zwar auf den Prozeß beschränkt, da aber der Prozeß
praktisch alle anstehenden Landesangelegenheiten behandelte, konnte man nun
ungehindert darüber verhandeln. Aber Reuß hatte sich doch eines Tricks bedient.

Eine Spezialuntersuchung über die Einrichtung des Syndikats fehlt. Die Ausführungen
über „Syndikatsklage" in der grundlegenden Studie von Sellen behandeln diese Seite
des Problems nicht. Vgl. W. Sellert: Prozeßgrundsätze und Stilus Curiae am Reichshofrat
im Vergleich mit den gesetzlichen Grundlagen des reichskammergerichtlichen Verfahrens
(Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte NF 18). 1973,
S. 395 ff.

Diese Ereignisse waren stark bestimmt durch den tumultuarischen Charakter der vorhergehenden
Syndikatsaufnahme des Notars Wunderlich, die dann durch den Einmarsch
der Württemberger abgebrochen wurde.

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