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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0099
Hohenzollern-hechingischer Landesvergleich

sich dabei lange angestaute Aggressionen entluden und wechselseitige Beleidigungen
alle Bemühungen wieder zunichte machten. In seinen Verhandlungen mit den
21 Landesdeputierten gewann Reuß jedoch ein umfassendes Bild von den Beschwerden
der Hechinger Untertanen. Es kam ihm dabei zugute, daß schon im
Spätjahr 1793 der Wetzlarer Anwalt der Untertanen, Dr. Münch, (sehr zum
Mißfallen der Regierung) ins Land geeilt war. Als Mittler zwischen Reuß und
den Deputierten spielte der Jurist dann eine für den Vergleich sehr konstruktive
Rolle. Reuß sammelte und systematisierte die Beschwerden 55a, er trug sie danach
der fürstlichen Verhandlungskommission vor, die aus dem Kanzler Daniel Marianus
Frank sowie den Räten Johann Nepomuk Giegling und Franz Anton
Frank bestand. Für Kamerai- und Steuerprobleme nahmen die Hofräte Brodo-
rotti und Kaiser teil56. In diesen Verhandlungen ging es dem Stuttgarter Rat
auch darum, die Ursachen der Beschwerden zu begreifen. Auf Grund seiner Gespräche
formulierte er dann das Projekt des Ausgleichs und legte es beiden Teilen
vor ". Ganz offensichtlich vermied es Reuß, mit der Gesamtheit der Deputierten
zu verhandeln, er zog es vor, mit Münch oder mit einem Ausschuß zu sprechen.
Das taktische Ziel war erneut, Schärfen zu vermeiden, erst zum Schluß sprach er
mit der gesamten Landesdeputation.

Nach dem Urteil von Reuß war die fürstliche Regierung schließlich tatsächlich
zu einem beträchtlichen Entgegenkommen bereit, aber inzwischen versteifte
sich der Widerstand der Deputierten. Sie wollten auf keinen Vergleich eingehen,
ohne zuvor die Gemeinden ausgiebig zu informieren. Als Reuß auch dies bewilligte
, fiel das Ergebnis bemerkenswert aus. Die Gemeinden wollten die Entscheidung
über die Beschwerdepunkte dem Reichskammergericht überlassen, und
die Deputierten wollten diesen Spruch dann im Namen von Stadt und Land als
verbindlich anerkennen. Darin drückte sich nicht nur der nahezu grenzenlose
Respekt vor dem Reichskammergericht aus, sondern auch ein Entpersonalisie-
rungsvorgang, denn die Institution ersetzte den noch zehn Jahre zuvor recht
deutlichen Glauben an die Person des Kaisers als Wahrer des Rechts. Andererseits
zeugte das Handeln der Untertanen von wenig Sachkenntnis, denn es war
anzunehmen, daß sich das Gericht den Vergleichsvorschlag von Reuß zu eigen
machen würde. Ohne die tätige Mitwirkung des Dr. Münch war jedoch die Haltung
der Deputierten kaum denkbar. Ob sich dann allerdings die Untertanen
einem solchen Entscheid auch fügen würden, nachdem sie ihn zuvor nicht freiwillig
angenommen hatten, erscheint mehr als zweifelhaft. Immerhin aber zeigte
sich ein letzter Ausweg aus dem Zwist, den man im Notfall versuchen konnte.

55a Die gesammelten und systematisierten Beschwerden der Untertanen finden sich in:
StAS, Ho 1-46, C II 2 b, 150. Reuß ließ - bezeichnend für seine Vorsicht - die
Punkte vom Rechtsvertreter der Untertanen, Münch, sowie von acht ihrer Deputierten
bezeugen. Zu Münch vgl. auch Anm. 74.

50 Biographische Daten und Kurzcharakteristiken dieser Beamten bei: Kallenberg: Fürstentümer
, S. 125-130.

57 Der Vergleichsentwurf in dem Protokoll von Reuß, 1794 III 6 Hechingen (Original),
unterzeichnet von Reuß, den fürstlichen Räten Fr. Jos. Giegling und Franz Anton
Frank sowie dem Sachwalter der Untertanen, Johann Friedrich Münch. StAS, Reichskammergericht
H 5163, Vol. 16.

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