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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0114
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durch die Untertanen war eine Maximalforderung gewesen; ihre Gewährung
hätte jedoch die letzte Bastion des Herrschers in den Gemeinden niedergelegt und
deren praktische Autonomie hergestellt. Bei einer bleibenden Abschaffung der
Aftervögte, die einst Vertreter der Vögte gewesen waren und deren Wiedereinführung
die Deputierten gefordert hatten, rückten die gewählten Bürgermeister in
deren frühere Position. Damit aber war der Einfluß der Untertanen in den
Gemeinden entscheidend verstärkt worden. Zugleich wurden die teilweise bereits
erloschenen Vierer, eine Art Gemeinderat, wieder aktiviert, die ebenfalls von
den Gemeinden gewählt wurden. Jedoch blieb es beim Verbot von Landes- und
Gemeindeversammlungen ohne Erlaubnis der Regierung76.

Man muß die Regelung der Gemeindeverfassung mit der Steuerdeputation
zusammen sehen. Der Landesherr hatte teilweise nachgegeben, aber die Institution
von legalen Gemeindeorganen, die zudem der landesherrlichen Kontrolle unterlagen
, entzog den früher oft spontan benannten Deputierten die Basis. Mit der
Gemeindeverfassung wurde das politische Leben der Gemeinden reguliert und
zurückgeschnitten; die Chancen von populären Wortführern, etwa des Schneiders
Josef Bogenschütz aus Grosselfingen, wie sie sich in den Auseinandersetzungen
immer wieder aufgeworfen hatten, waren damit reduziert. Die Befriedung des
Landes verstärkte den Einfluß der Regierung und förderte die anerkannten
Notabein der Dörfer gegen spontan auftretende „Volkstribunen". Zunächst
schien es, als vermöchten die Untertanen eine beträchtliche politische Erfahrung
aus der Zeit der Auseinandersetzungen einzubringen, um der Verfassung Leben
zu geben. Andererseits reduzierten sich jedoch die politischen Aktivitäten rasch -
die großen Konflikte waren beigelegt, einigen wichtigen Forderungen der Untertanen
war Rechnung getragen. Zugleich aber hatte sich das Land beruhigt. Die Untertanen
waren mit einer begrenzten Lösung zufrieden, die ihre engsten Interessen
berücksichtigte. Auch von dieser Seite her war der Landesvergleich ganz altständisch
. Die Steuerdeputierten sollten bald reine Kassenverwalter werden, die
ihr Petitionsrecht keineswegs stark ausschöpften. Ihre Interessen verflochten sich
überdies zunehmend mit denen der Regierung, so daß von dieser Seite keine
Opposition zu erwarten war. Andererseits entfielen mit dem Zusammenbruch des
Alten Reiches zwischen 1803 und 1806 Kaiser und Reichsinstitutionen, die einerseits
die Legitimation des Fürsten relativierten, andererseits den Untertanen die
Möglichkeit der Appellation gegeben hatten. Der Fürst war nun wirklich souverän
geworden, auch nach innen. Unter diesen Bedingungen erwies sich jedoch der
Landesvergleich von 1798 weiterhin als tragendes Grundgesetz für das kleine
Fürstentum - zunächst keineswegs als Verfassung gedacht, eine altständische Konfliktregelung
, die die finanzielle Last der Bauern reduzierte und damit zugleich
der Regierung die Herrschaft erleichtert hatte. Aber als seit 1830 die Forderung
nach einer Verfassung des Ländchens erhoben wurde, erwies sich der Landesausgleich
doch soweit als interpretierbar, daß von ihm aus eine neue Entwicklung
ihren Anfang nehmen konnte: Ein schönes Beispiel, wie Strukturen und Lösungen
des Alten Reiches hineinwirkten ins 19. Jahrhundert.

7* Im Zeichen der napoleonischen Zeit erfuhr die hohenzollern-hechingische Gemeindeverfassung
1814 eine Modernisierung durch die „Landcommunordnung", die dann durch
die Gemeindeordnung von 1833 und durch die Stadtordnung von 1835 abgelöst wurde.
Cramer: Grafschaft, S. 415 ff.

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