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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0212
Ziegler

Der nächste Grund liegt wohl in dem jedem Bürger gewährten „Almannt"
/: eine Art städtischer Mitgift, die in Zuteilung von Grund und Boden zur Bebauung
und in Zuteilung von einem gewissen Quantum Holz jährlich besteht:/,
und die jedem, der das Bürgerrecht erlangt hat, bei der Erlangung übergeben
wird.

Diesem Allmant muß beigemessen werden, daß die Lust zu jeder Gewerbstätigkeit
nicht aufkommen kann. - Es kann nicht gesagt werden, daß nicht in
jedem einzelnen Gewerbe recht geschickte Hände vorhanden wären; ja, es zeugen
sogar einzelne Fabrikate für ein Vorhandensein der Tüchtigkeit.

Sie ziehen es vor, und zwar im Allgemeinen, sich einzuschränken mit dem
Wenigen, was ihnen Grund und Boden gewährt; sie ziehen es vor, die Einschränkung
soweit auszudehnen, daß diese einem Darben gleich kommt, ehe sie sich entschließen
können, von dem, was sie wirklich gelernt, einen praktischen oder
materiellen Nutzen zu ziehen. Es darf deshalb nicht Wunder nehmen, wenn trotz
der vorhandenen Kräfte, trotz der wirklich zu den einzelnen Gewerben ausgebildeten
Hände, ein großer Teil der notwendigsten Lebensbedürfnisse von auswärts
bezogen wird. Man wird entschieden dazu gezwungen, weil eine Arbeit,
wenn sie wirklich übergeben, gefertigt nicht zu verlangen ist.

Ja mitunter schämt man sich der Arbeit, die notgedrungen man ergreifen
muß, man verbirgt sie unter Schürzen und Tücher, damit nicht gesehen werde,
daß man andere Arbeiten verrichte, als die durch Allmant zugewiesenen. Diese
Tatsache ist nicht übertrieben; sie ist nachzuweisen.

Nicht Allmant allein ist es, obschon dies als Hauptursache erscheinen muß; es
ist auch der Grund in dem patriarchalischen Zustand, in dem die Bewohner gelebt
haben.

Es wurde dem Bitten und Betteln leider allzusehr und allzuoft Gehör geschenkt
. Man unterstützte die Arbeitsunlust und glaubte mit den Unterstützungen,
die allzureichlich gewährt wurden, der Dürftigkeit zu Hilfe eilen.

Man vermehrte das Elend, indem man es zu mindern glaubte und übte, indem
man unverkennbar das Gute wollte, mit der unzeitigen Milde die größte Grausamkeit
aus; denn die Spenden erweiterten die Quellen, aus welcher das Elend
fließt und anstatt die Geschäftsfähigkeit anzuspornen oder zu heben, machte man
aus der Armut ein Geschäft.

Allzubekannt ist die schädliche Einwirkung der unzeitigen Unterstützung auf
jede Tätigkeit; sie ist so oft Gegenstand der Erörterung gewesen, daß man füglich
, als allgemein gekannt, darüber hinweggehen könnte, wenn nicht ein anderer
hier vorliegender Umstand zur Weiterfortführung dieses Gegenstandes führte.

Von den Religionslehrern wird die Gewerbstätigkeit als ein wesentlicher
Grund der Religionsverleugnung angesehen, als wenn diese Tätigkeit dazu führte,
Irreligiosität zu erzeugen und die Sittlichkeit, Moralität, Mäßigkeit etc. zu gefährden
.

Welch ein Irrtum liegt in dieser Auffassung. Wenn bei der arbeitenden Bevölkerung
alle diese Laster wirklich zum Vorschein kommen, liegt der Grund
etwa in der Beschäftigung, oder indem sie durch Unkenntnis der Arbeit außer
Beschäftigung geraten? Sind diese Laster eine Folge der Gewerbstätigkeit oder
der Gewerbsuntätigkeit? Gehören sie der Industrie allein an?

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