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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0213
Preußische Starthilfe für Hohenzollern

Dieselben Erscheinungen treten auch hier zu Tage, ohne daß eine Gewerbstätigkeit
vorhanden. Sie werden verdeckt durch die gewährten Unterstützungen,
bis diese Unterstützungen eine Höhe erlangen, daß sie nicht mehr gewährt werden
können.

Jeder Mensch ist der natürlichen Weltordnung unterworfen, als solcher besitzt
er eine Reihe von Bedürfnissen, von deren Befriedigung die Fortdauer seines
Lebens abhängt, also auch die Möglichkeit der Erfüllung seines sittlichen Berufes.
Zur Befriedigung dieser Bedürfnisse kann er nur durch Tätigkeit gelangen, deren
Inbegriff - Arbeit ist. Die Arbeit kann ebensowohl eine geistige als körperliche
sein, und die Erfahrung zeigt, daß deren Früchte um so reichlicher sind, je mehr
die geistige das Übergewicht über die körperliche erlangt.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Armut nicht Folge eines natürlichen
Hanges zur Trägheit, sondern das unmittelbare oder mittelbare Ergebnis
unrichtiger und falscher Behandlung und Leitung ist, und daß bei sorgsamer
Pflege der Arbeit, die Arbeitsscheu mit allem dem Übel, das daraus entspringt, als
große Seltenheit vorkommen würde.

Es soll dies keineswegs ein Vorwurf sein; fast alle Männer, die einer religiösen,
wissenschaftlichen oder künstlerischen Richtung folgen, betrachten die Stellung,
welche die Industrie im sozialen Leben einnimmt, mit Mißfallen. Dieser Vorwurf
ist auch nicht ganz unbegründet und wird viele Anhänger behalten, bis durchgreifende
Maßregeln zur Ausbildung der Industrie-Arbeiter eingetreten sind. -
Dadurch nun, daß die Gewerbstätigkeit nicht gepflegt wurde, mußte auch die
Agrikultur verkrüppeln, weil der Zuwachs der Bevölkerung sich nunmehr bloß
auf den Ackerbau warf und eine dem Reichtum der Bevölkerung höchst nachteilige
Güterzerstückelung und Kleinwirtschaften erzeugte.

Geistige wie materielle Schwäche der Bevölkerung ist davon die natürlichste
Folge. Die Wirkungen treten aber um so gefährlicher auf, wenn benachbarte
Länder die entgegengesetzte Richtung verfolgen, wenn dort der Mut und die
Kraft und der Unternehmungsgeist der Bürger erhöht wird, während hier Geist
und Mut mehr und mehr erstickt werden.

Wie groß die Unlust zur Arbeit ist, geht aus folgender Tatsache hervor. Die
Herren B. Baruch & Söhne, aus Württemberg im Jahre 1846 übergesiedelt, haben
jetzt in der Stadt Hechingen ihre Fabrikation in baumwollenen, wollenen und
leinenen Waren. - Trotz ihrer vielseitigen Bemühungen, Personen, die arbeitsfähig
und ganz ohne Beschäftigung sind, zu dieser Tätigkeit heranzuziehen, ist es
ihnen, was die Stadt Hechingen betrifft, nicht gelungen. - Diese Persönlichkeiten
ziehen es vor, sich und Anderen zur Last zu liegen und mit Wenigem, was ihnen
durch unzeitige Mildtätigkeit gegeben, weiter der Faulheit zu leben.

Die vielen Vereine und Stiftungen, die sich hier vorfinden, und die überhaupt
nicht immer mit Gründlichkeit die Untersuchung über die Lage der Bedürftigen
anstellen, werden, wenn die allgemeine Besserung eintreten und dauernd von günstigen
Erfolgen begleitet sein soll, entschieden einer sorgfältigen Prüfung und
Reorganisation bedürfen.

Es gereicht bei diesen gemachten Erfahrungen zum besonderen Vergnügen,
der Gewerbstätigkeit der Firma Baruch & Söhne Erwähnung zu tun.

Die Inhaber dieser Handlung erfreuen sich nicht umsonst der allgemeinen
Achtung. Sie bilden einen seltenen Kontrast zu den angezogenen Mißständen.

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