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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1978/0251
Besprechungen

Paul Sauer: Revolution und Volksbewaffnung. Die ■württembergischen Bürgerwehren im
19. Jahrhundert, vor allem während der Revolution von 1848/49. Ulm: Süddeutsche
Verlagsgesellschaft 1976. 240 S.

Eine der vorrangigsten Forderungen der liberal-demokratischen Bewegung des Vormärz
war die nach dem „Volk in Waffen" anstelle des stehenden Heeres, dem Machtinstrument
der Fürsten. 1848/49 setzte sich die Forderung in die Bildung der Bürgerwehren
um. Diese Bürgerwehr hatte eine hohe, weniger faktische als psychologische Bedeutung
für das Selbst- und Freiheitsbewußtsein des Bürgers. Trotzdem haben sich die Historiker
bisher wenig mit ihr befaßt, verständlich insofern, als sie nie in gesamtdeutschem
Rahmen zur Wirkung gelangte, sondern immer nur im lokalen oder allenfalls regionalen
Bereich eines Landes, insbesondere aber weil die Idee scheiterte und ihr Grundgedanke
schließlich als allgemeine Wehrpflicht bei gleichzeitiger Eliminierung des liberaldemokratischen
Gehalts ins Wehrwesen Preußen-Deutschlands einging und dort zum Militarismus
entartete. Nun hat sich Paul Sauer der Bürgerwehren in Württemberg angenommen. Weit
zurückgreifend, zeigt er, wie tief die Wurzeln auch scheinbar modernster Forderungen in
die Vergangenheit zurückreichen können. „Item", heißt es z. B. in der zweiten Landesordnung
von 1515, „es sol auch ain jeder syn wer vnnd harnasch sauber haben vnd halten
vnd damit gerüßt syn ieder zyt vßzuziehen." 1848 entstanden die Bürgerwehren dann so
spontan wie die Revolution selber. Sie folgten dem Auf und Ab der revolutionären Bewegung
, wurden hineingezogen in den Zwiespalt zwischen Liberalen und Demokraten,
standen mehr links als rechts, wollten wenigstens in Teilen im Frühjahr 49 den Aufstand
im Land und die Hilfe für die Brüder in Baden und zogen dabei den kürzeren. Denn je
länger je mehr verdichtete sich jener Argwohn, dem sie von Anfang an von Seiten des
Hofes, der Regierung, aber auch jener Liberalen, denen Ordnung mehr bedeutete als die
Revolution, gegenübergestanden hatten. Von daher auch der Zwiespalt der Konzeptionen:
Sollte die Bürgerwehr bloße Polizeifunktionen im Dienste der Ordnung ausüben oder
doch das auch politisch den Ton angebende „Volk in Waffen", die wehrhafte Demokratie
, sein? Der Disput erlag dann am Ende der Revolution ebenso wie die Bürgerwehr selber
. Sauers Arbeit ist eine geglückte Untersuchung, wie man sie sich auch für andere
Regionen wünschte. Das Buch selber ist reich illustriert und vom Verlag hervorragend
ausgestattet.

Mainz Hugo Lacher

Das Tagebuch Julius Hölders 1877-1880. Hrsg. von Dieter Langewiesche. Stuttgart:
Kohlhammer 1977. XVIII, 334 S. (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche
Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe A, Band 26.)

Erich Weinstock: Ludwig Pfau - Leben und Werk eines Achtundvierzigers. Heilbronn:
Stadtarchiv 1975. 91 S. (Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Heilbronn 7.)

Julius Holder war eine der renommiertesten politischen Persönlichkeiten aus dem
Württemberg des 19. Jahrhunderts, den Historikern zusätzlich bekannt, als er einen Nachlaß
hinterließ, aus dem sie mehr als nur Details zur inneren Entwicklung Württembergs
und insbesondere des Liberalismus, Hölders Partei, holen konnten. Um so begrüßenswerter,
daß nun Holder selber einmal zu Wort kommt. So hat Langewiesche sein zwischen 1877
und 1880 geführtes Tagebuch veröffentlicht, es gleichzeitig mit zahlreichen Anmerkungen
und einer subtilen Einleitung dem Leser von heute erschlossen. Das Tagebuch fällt in eine
Zeit, in der der Liberalismus im Reich wie in Württemberg in einer tiefen Krise steckte,
im Reich sich spaltete, in Württemberg sich aus der Allianz mit den Konservativen löste,
ohne damit freilich auch aus seinem „Winterschlaf" (Holder) zu erwachen. Holder, als
Reichstagsabgeordneter wie als führender Kopf der heimischen Liberalen, in beiden Berei-

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