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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1979/0136
Bumiller

finden nicht nur statistisch Niederschlag, sondern werden häufig psychologisch durchschaubar
. Personen bleiben nicht Namen, sondern erhalten beschreibbaren Charakter;
man erkennt sie als leidende und handelnde Figuren der Geschichte.

Ich möchte im folgenden anhand der Audienzprotokolle für Jungingen 1751-17752
die Möglichkeiten zeigen, die diese Quelle für die Darstellung und Deutung dörflicher
Verhältnisse bietet. Zwar werde ich zunächst auch statistische Daten ermitteln, aber mit
zunehmender Interpretation wird sich das Dorfbild mit Leben füllen.

1. Bevölkerungsentwicklung Jungingens 1750-1775

Die Audienzprotokolle (im folgenden AP) sind, wie gesagt, nicht das geeignetste
Instrument, um demographische Entwicklungen festzustellen, dennoch lassen sie einige
Überlegungen zu. Die absolute Bevölkerungszahl von 705 Einwohnern in Jungingen
(1745) kennen wir aus einer anderen Quelle3; vielleicht läßt sich aufgrund der folgenden
Daten ein Annäherungswert für die Bevölkerungszahl von 1775, dem letzten Jahr der
Protokolle, finden.

In den 24 Jahren von 1751 bis 1775 sind nach den Protokollen 130 Personen gestorben
(pro Jahr 5,4 Sterbefälle). Im selben Zeitraum konnte ich Wegzug oder Auswanderung
von 57 Personen ermitteln (darunter nur wenige Fälle 'echter' Auswanderung nach
Ungarn oder Lothringen; meist handelt es sich um Verheiratung nach auswärts). Das
heißt, wir müssen mit einem Abgang von 187 Personen rechnen. Auf dieselben 24 Jahre
verteilt sind 16 Frauen durch Einheirat Junginger Bürgerinnnen geworden. Insgesamt
haben in dieser Zeit 99 Verehelichungen in Jungingen stattgefunden. Wenn auf den
Zeitraum verteilt aus jeder Ehe im Schnitt zwei lebende Kinder hervorgegangen sind, so
wäre dies ein Zuwachs um ca. 200, mit den 16 zugezogenen Frauen: ca. 216 Personen.
Mit den abgegangenen Personen verrechnet und auf die Einwohnerzahl von 1748
bezogen, dürfte die Bevölkerung bis 1775 nur leicht angewachsen sein: mehr als 740
Einwohner wird man zu diesem Zeitpunkt nicht erwarten dürfen (Zuwachsrate ca. 5 %).

2. Soziale Schichtung

Es ist mir bewußt, daß die Einteilung in soziale Schichten nicht allein über den Besitz
an materiellen Gütern erfolgen kann. Trotzdem möchte ich zunächst eine Gliederung der
Bevölkerung in arm und reich versuchen, weil dies auch im Bewußtsein der Dorfbevölkerung
das Ordnungskriterium war. Zwar gehörten alle Dorfbewohner dem gleichen
Stand an: Sie waren leibeigene Untertanen in bezug auf die Herrschaft, aber innerhalb der
Bevölkerungsstruktur gab es dennoch Abstufungen, so daß man schon von verschiedenen
»bäuerlichen Klassen« sprechen konnte. Geringer Besitz eines Bürgers war für die
Gemeinde auch Zeichen für Bedürftigkeit und Anlaß für Unterstützung. Insofern
wurden auch die Ärmsten in der untersten Bevölkerungsschicht als hilfsbedürftige
Standesgenossen betrachtet; daß hierbei natürlich die häufig engen Verwandtschaftsbeziehungen
mitwirkten, versteht sich von selbst,

Die Ermittlung der Arm/Reich-Abstufung versuche ich anhand der Hauptfälle.
Die Junginger Bauern waren Leibeigene der Fürsten von Hohenzollern zu Hechingen.
Sterbefälle mußten der Herrschaft angezeigt werden, da aus der Leibeigenschaft eine Art

2 StAS, C II 8, Nr. 100 (Pak. 401).

3 Catalogus personarum ecclesiasticarum, unter Pfarrer Dobler, Jungingen (1745).

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