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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0199
Leon Schmalzbach

mehr die Straße betreten. Als der Krieg ausbrach, wurde die Lage der Juden im
allgemeinen immer schlechter. Man traf sich hie und da nur im kleinsten Kreise.

Nach dem Attentat auf Hitler im Hofbräuhauskeller am 10. November 1939? wurden
alle jüdischen Männer verhaftet und ins Landgerichtsgefängnis gelassen. Am Tage darauf
wurden jedoch alle bis auf Leon Schmalzbach und Landgerichtsrat A. D. Dr. Meyer
entlassen. Letztere brachte man ins Gefängnis nach Stuttgart, wo man ihnen nach drei
Tagen wieder die Freiheit schenkte.

Die Verwüstungen im Jüdischen Friedhof nahmen immer mehr zu. Während man bei
den ersten Überfällen nur die ganz alten Steine umwarf, so ging man später dazu über, die
neueren und neuesten Mozewoth umzuwerfen und vollständig zu demolieren. Nachforschungen
blieben erfolglos; welcher städtische Beamte hätte auch den Mut aufgebracht,
die Täter ausfindig zu machen. Eines Tages wurde auch die Friedhofshalle aufgebrochen
und die Inneneinrichtung vollständig zerstört und zwar nur so, wie Vandalen, die sich
»Meisterrasse« heißen, können.

Mit Ausbruch des Krieges kamen sofort die Lebensmittelkarten heraus, welche auch
die Juden bekamen, die ich auf dem Rathaus abholen mußte.

Damit jeder Kaufmann wußte, was für einen Kunden er vor sich habe, wurde eine Zeit
später ein großes J aufgedruckt: Genußmittel wie Tee, Kaffee und Hülsenfrüchte wurden
den Juden gestrichen. Im Gegensatz zu den größeren Städten wurde in Hechingen kein
Judenladen eingerichtet. Aber fast alle Läden hatten an den Türen Plakate angeschlagen:
Juden unerwünscht.

Die Magermilch bekamen die Juden in der gleichen Menge wie die Christen.

Im Gegensatz zu anderen Ortschaften konnten die Juden in Hechingen mit ihrer Lage
zufrieden sein. Die Juden trugen mit Würde ihr Los, nicht mit gebeugtem Nacken,
sondern aufrecht und stolz, aber überall bescheiden und zurückhaltend in ihrem
Auftreten. Dies wurde sogar, wie man so hörte, von der städtischen Behörde und
höheren Gerichtsbeamten anerkannt.

So habe ich die allgemeinen Verhältnisse geschildert wie sie waren bis zu dem
Zeitpunkt, als ich mit meiner Frau am 26. Mai 1941 nach USA auswanderte; und den
»Rest der Übriggebliebenen« dem gütigen Schicksal Gottes überlassen mußte.

Newark N. J. April 5th 1943
Carl Hamburger.

TEIL III SCHMALZBACH IM URTEIL VON ZEITGENOSSEN

1. August Vezin:

»Die Stelle des jüdischen Religionslehrers war damals [1905 an der Kgl. Realschule]
nicht besetzt. Obwohl die jüdische Mitbürgerschaft verhältnismäßig groß - und
einflußreich - war, ihre Nachkommenschaft war gering. Mir selbst sind in meiner
Hechinger Zeit nur drei jüdische Schüler durch die Hände gegangen: ein Hofheimer, ein
Weil und ein kleiner Levi aus der Unterstadt. Nach einigen Jahren kam als jüdischer
Religionslehrer der Rabbinatsverweser Schmalzbach zu uns - aus Galizien. Denn wenn

193


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