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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1980/0203
Besprechungen

geringsten Teil des Bandes ein. Sechs Stahlstiche mit Beschreibungen der Orte Sigmaringen,
Dietfurt, Hornstein, Lauchertal, Hettingen und Hechingen mit der Burg Hohenzollern stehen 42
Stiche von Orten aus dem damaligen Königreich Württemberg gegenüber. Adam wendet sich in
dem erläuternden Text an das gebildete Publikum. Auf die Darstellung der Geschichte des
jeweiligen Ortes folgen zumeist Bemerkungen über die zeitgenössischen Zustände. Es ist reizvoll,
zu verfolgen, was damals als historisch gesichert galt, was damals als Stand der Wissenschaft
angesehen wurde. Eine Kommentierung des ohne jede Einleitung und ohne Erläuterungen
nachgedruckten Werkes wäre daher wünschenswert gewesen, um nicht nur sachliche Dinge richtig
zu stellen, sondern auch, um das Werk Adams insgesamt besser begreifen zu können.

Die Vorzeichnungen und Stahlstiche stammen von bedeutenden Künstlern. Die hohenzollern-
schen Darstellungen zeichnete alle F. Abresch, die Stiche fertigten E. Willmann, J. Limbach und E.
Höfer an. Die Stiche zeigen zumeist Ortsansichten und Gebäude. Häufig sind Szenen aus dem
Alltag am Rande eingefügt: Bauer und Bürger bei der Arbeit, reisende Kaufleute und Spaziergänger,
so daß der Betrachter eine lebhafte Anschauung der Zustände um 1840 erhält. Leider wird diese
getrübt, da die Qualität der Reproduktion zu wünschen übrigläßt. Die Stahlstiche der Vorlage sind
wesentlich plastischer und auf Tiefenwirkung angelegt, während bei den Reproduktionen graue
Zwischentöne fehlen und feine Details verlorengegangn sind.

Bedauerlich ist weiterhin, daß die Auflage zu einem Preis verkauft wird (Subskriptionspreis DM
150,- später 180,-), der wahrscheinlich verhindert, daß das Buch in die Hände des geschichtsbe-
wußten Bürgers gelangt.

Sigmaringen Wilfried Schöntag

Württemberg wie es war und ist. Geschichten und Sagen, ausgewählt und neu erzählt von Franz
Georg Brustgi. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt 1980. 288 S. mit Abb.

In mehreren Auflagen erschien im vorigen Jahrhundert »Württemberg wie es war und ist«, eine
Sammlung von Sagen und Erzählungen zur württembergischen Geschichte. Die letzte Ausgabe,
1898 herausgebracht, war auf vier dicke Bände angeschwollen und umfaßte wichtige Ereignisse aus
Württembergs Geschichte von der Völkerwanderungszeit bis zum wilhelminischen Kaiserreich.
Nach Stil, Inhalt und nach seiner kleinbürgerlich moralisierenden Grundtendenz war das Volksbuch
ursprünglich einem geschichtsinteressierten bürgerlichen Lesepublikum in Alt-Württemberg
gewidmet. Wunschdenken und Moralvorstellungen des 19. Jahrhunderts, des Zeitalters der
Romantik und des Biedermeier, wurden in die Vergangenheit projezien, um aus der Geschichte
Selbstbewußtsein und Begeisterung zu beziehen, vielleicht auch eine Art württembergisches
»Nationalbewußtsein«. Man wollte sich und sein Verständnis von Adels- und Fürstenherrschaft
bestätigt wissen. Wo sich tyrannische Fürstengewalt zeigte, beruhte sie im Volksbuch ausschließlich
auf dem unheilvollen Wirken schlechter fürstlicher Berater und Höflinge (so in den Erzählungen
fürstliche Hochzeit 1511, Ulrichslinde, Herzog Friedrich, Gültlingen, Meuterei bei Kuchen). Der
Bürger aber zeigte sich stets treu und unverbrüchlich zum angestammten Herrscherhaus (Belagerung
von Stuttgart 1286) und übte gelegentlich Kritik an geschehenem Unrecht (Postmichel). Die
bürgerliche Sehnsucht, fremde Länder kennenzulernen und möglichst an deren großen geschichtlichen
Ereignissen teilhaben zu wollen, befriedigte der autobiographische Reisebericht des Ritters
Georg von Ehingen vom Ende des 15. Jahrhunderts und noch mehr das Tagebuch eines
Hundertjährigen, eine erfundene Biographie, mit der alle wichtigen Ereignisse der württembergischen
und europäischen Geschichte des 18. Jahrhunderts verbunden wurden. Mit dem Ende der
Hannikelbande (Mord auf dem Gaisbühl) im 18. Jahrhundert wurde der Wunsch der Bürger nach
Recht und Ordnung angesprochen und zugleich die tradierten Vorurteile gegen das fahrende Volk,
gegen die Zigeuner offenbar bestätigt. Im Kriegsgericht zu Nevers kommt am Beispiel eines
Kriegsgerichtsverfahrens von 1815 das aktuelle Thema des Zwiespalts zwischen Menschenwürde
und sturer militärischer Disziplin zur Sprache. Die letzte von dem in Brustgis Auswahlband
gebrachten 15 Erzählungen verschiedener Autoren, die »G'schicht aus'm Schurwald«, übrigens die
einzige in Volkssprache, reflektiert tragische Schicksale am Rande der badischen Erhebung von
1849.

197


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