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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0015
Owingen 1584

EINLEITUNG*

Die lehentragende und leibeigene paurschaft zue Owingen, der Grafschaft Hohen-
zollern aigenthumblichen zuestendig, an die zwey- oder dreyundsibenzig mann sein mit
zusamenverbindung, vorhin heschlossnem rath und haimhlicher conspiration am 23.
augustii des jahrs 84 hey nächtlicher weyl einmüetiglich von irer angebomen herrschaft,
von weib und kind ausgerissen und entloffen. Auch ain aufrüerische person, Conrad Fritz
genannt (die dann in deren zollerischen abgeordneten band und gewalt gefenglich
gewesen und beigehalten), mit gewerter band und gewalthätiglich aus iren, der abgeordneten
banden gerissen, entfüert und mit sich hinweggenommen, nit allain sich zue irem
grossesten und eussersten verderben, sonder auch wolbemelter irer oberkait und herrschaft
zue mehrerm spott und unverschultem nachthail. Haben auch zue beschönigung
ires aigenthätlichen austritts und mainaidigen, muetwilligen entlaufens der Römischen
Kayserlichen Maiestät, unserm allergnedigisten herrn, durch iren darzue bestehen
ausschuß ain Supplikation, darin vier puncto, oder Ursachen ires ausziehens und entwei-
chens vomemblich vermelt, gegen iren erb-, lehen- und landherrn graven zu Hohenzol-
lem, des Stammes den eitern, herrn graven Eytelfriderichen alspalde unterthenigist
übergeben lassen^.

So beschreibt ein im Staatsarchiv Sigmaringen liegendes Aktenstück aus dem Jahr
1590, betitelt Kurtze Deduction in kayserlichen Commissionsachen zwischen des wolge-
bomnen H. H. Eytelfriederichen Graven zue Hohenzollern außgetrettenen Undertho-
nen zue Owingen alß Impetranten ains gegen ire Gnaden Selbsten alß Opponenten
anderthails ...2, aus herrschaftlicher Sicht den eigentlichen Owinger Aufstand im Jahre
1584, an den sich dann Verhandlungen einer kaiserlichen Schiedskommission anschlössen
, die zwischen dem Grafen und den Aufständischen vermitteln sollte. Diese zogen
sich über sechs Jahre hin und fanden ihr endgültiges Ende erst zwölf Jahre nach dem
Aufstand mit einer Abbitte mehrerer ausgetretener und Prozeß führender, nachher aber
in Gnaden wieder aufgenommener Bürger und Inwohner des Fleckens Owingen3, sowie
dem Abschluß eines neuen Fronvertrages, der außer der Fron auch noch einige weitere
Konfliktpunkte regelte4.

Gewiß ist dies kein sehr spektakulärer Aufstand: Revolten dieser Größenordnung -
73 Beteiligte: lediglich die männlichen, erwachsenen Bewohner des einen Dorfes
Owingen - kann derjenige, der sich einmal freigemacht hat von dem von der Bauernkriegsforschung
verschuldeten5 und in den verschiedenen historischen Handbüchern
kanonisierten6 Fehlurteil der deutschen Geschichtswissenschaft, als wären die Bauern

1 STAS Ho 1 C II 2 b Nr. 5 fol. 145r + v.

2 STAS Ho 1 C II 2 b Nr. 5 fol. 145r-156v.

3 FAS DH 64.29.

4 FAS DH 51.262-264 (Original des Fronbriefes, Revers der Untertanen sowie Konfirmation des
Fronvertrages durch das kaiserliche Hofgericht in Rottweil).

5 Hier ist vor allem Günther Franz, Der deutsche Bauernkrieg. Darmstadt 1972, S. 299, zu
nennen: Der Bauer »spielte fortan keine Rolle mehr ... Ohne daß sich die wirtschaftliche und
rechtliche Lage des Bauernstandes entscheidend geändert hätte, sank der Bauer jetzt doch zum
Arbeitstier herab«.

6 Vgl. etwa W. P. Fuchs: »Die damit vollzogene Ausschaltung des Bauerntums als eines politischen
Faktors aus dem aktiven Geschehen der Nation dauerte jahrhundertelang.« W. P. Fuchs, Das
Zeitalter der Reformation, in: Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, 2. Bd., '1970, S.
71. Einen Überblick hierzu und zum Vorigen sowie eine Kritik dieser These gibt Peter Blickle,

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