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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1981/0053
Owingen 1584

gericht über den Joachim Müller, ainspänniger, klagt, daß er sich sains ampts so vest
übernehme und berüeme, es möge nichts im gericht gerecht werden, er wisse es "5.

Dieselbe Konfliktkonstellation zeigt sich im Fall des Amtes Rangendingen, wo der
Einspännige, nachdem er vor das Gericht geladen wurde, erklärt, er gebe weder um vogt
noch gericht noch gemeinden trutz, wer es ihm wehre, er sei herr196. Bei dem wegen dieses
Verhaltens auf Klage der Gemeinde angestellten Verhör sagt der Einspännige dann aus:
Es seien etliche under inen (d.h. den Richtern; E.E.), die begeren in haimlich zu
verschwetzen und hinderrucks zu stechen. Er wöll auch achtung geben, da er ainen
greifen kinde, wöll es sein nit feien. Sie begeren, in aus dem flecken zu vertreiben. Er
verhoffe, er wöll mit der warhait darin bleiben, da andere mit schaden hinaus muessen. Er
wöll, wa er ainen strafbar find, kainen verschonen197.

Fassen wir zusammen: Mit der Teilung der Grafschaft Zollern im Jahr 1576 setzt ein
Prozeß der Herrschaftsintensivierung ein, der durch erhöhten herrschaftlichen Prestigekonsum
sowie durch den Ausbau der Verwaltung zum Zweck der Effektivierung
herrschaftlicher Surplusabschöpfung bedingt ist, welche zum Abbau der Verschuldung
der Grafschaft notwendig ist.

Dieser Prozeß der Herrschaftsintensivierung manifestiert sich in der Erhöhung der
Frondienste, die vor allem für den Schloßbau benötigt werden, in der quantitativen
Entwicklung der Eintragungen in den Audienzbüchern, die sowohl eine zunehmende
herrschaftliche Kontrolle innerdörflicher Vorgänge, als auch eine zunehmend die -
zudem durch demographischen Druck enger gezogenen - Grenzen bäuerlicher Belastbarkeit
erreichende Surplusabschöpfung signalisieren sowie drittens in einer neuen Form
herrschaftlicher Präsenz auf dörflicher Ebene, der Institution des Einspännigen.

Diese die Grenzen relativer Autonomie des Dorfes und zunehmend die bäuerliche
Ökonomie belastende Herrschaftsintensivierung führt immer wieder zu Widerstand der
Untertanen, in welchem sich unter anderem erweist, daß die bisherigen herrschaftlichen
Funktionsträger weitgehend auf Seiten des Dorfes stehen bzw. dessen Interessen gegen
neue Formen herrschaftlichen Eingriffs und herrschaftlicher Belastung vertreten. Zudem
ließ sich zumindest fragmentarisch insbesondere für Owingen belegen, daß dieser
Widerstand überwiegend von der dörflich-bäuerlichen Oberschicht getragen wird, die ja
weitgehend diese innerdörflichen Ämter besetzt.

Muß so zumindest weiterhin frag-würdig bleiben, ob dieser Widerstand auf einer
Solidarität basiert, die sich auf das ganze Dorf bezieht, oder nur Sache der dörflich-
bäuerlichen Oberschicht ist, so konnte doch gezeigt werden, daß ein breites, die gesamte
Grafschaft umfassendes Widerstandspotential den Hintergrund des Owinger Aufstandes
bildet. Daß Owingen somit die Spitze eines Eisberges darstellt, gilt es daher, auch
wenn im folgenden nicht mehr eigens darauf hingewiesen werden kann, im Auge zu
behalten.

1,5 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 128 (Frevelbücher; Martini 1582 bis Georgi 1583).
1% STAS Ho 1 C II 8 Nr. 1 fol. 93v (Eintragung vom 21.10.1579).
197 STAS Ho 1 C II 8 Nr. 1 fol. 99r (Eintragung vom 4.11.1579).

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