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Elbs

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Insgesamt, das heißt bezogen auf das gesamte Protestkontinuum (von der 1.
Fronverweigerung bis zum Austritt), läßt sich somit für die soziale Zusammensetzung
der Aufständischen sagen, daß der Widerstand anfangs weitgehend von dieser Schicht
getragen wurde, daß diese soziale Homogenität in den nächsten Aktionen nicht mehr
gegeben war, bis sich in den letzten Aktionen (Mühlenfahrt und Austritt) das ganze Dorf
beteiligte. Diese neue Einheitlichkeit der Aufständischen (Dorfgemeinschaft als solidarische
Einheit) erwies sich jedoch in der eingehenderen Analyse als eine Täuschung. Es
zeigte sich, daß auch in der letzten Phase des offenen Konflikts die bäuerliche
Oberschicht des Dorfes den >harten Kern< des Widerstandes ausmachte und daß sich die
unterbäuerliche Schicht der Tagelöhner weitgehend - im eigentlichen Sinn des Wortes -
als Mitläufer beteiligte293. Daß und wie dies mit der unterschiedlich starken und
unterschiedlich gearteten Betroffenheit durch die verschiedenen Formen der Herrschaftsintensivierung
seit der Teilung der Grafschaft im Jahre 1576 zusammenhängt,
wird nun bei der Darstellung und Analyse der Owinger Gravamina im nächsten
Abschnitt zu zeigen sein.

6.3. Die Gravamina

Nachdem bereits im letzten Kapitel bei der Analyse des Prozesses der Herrschaftsintensivierung
sowie bei der Darstellung des Owinger Aufstandes mehrfach Beschwerden
der Untertanen angesprochen wurden, soll nun im folgenden Abschnitt versucht
werden, die Owinger Gravamina ausführlich und im Zusammenhang darzustellen.
Dabei gilt es, die ebenfalls bereits mehrfach angesprochenen handlungsorientierenden
und -legitimierenden Vorstellungen der Aufständischen, das heißt die Vorstellungen von
gerechter Herrschaft« und gerechter Ökonomie« herauszuarbeiten und auf ihren
»harten ökonomischen Kern< (Hans Medick) zu beziehen. Ausgegangen werden soll
dabei vor allem von der zweiten Owinger Supplikation, die ursprünglich als Darstellung
des Konflikts und der Konfliktursachen für die kaiserliche Schiedskommission gedacht
war, dann jedoch, als die Verhandlungen lange nicht in Gang kamen, dem Kaiser als
Bittschrift übergeben wurde294. Diese stellt die Gravamina am ausführlichsten dar und
läßt insbesondere die sich in den Owinger Aktionen manifestierende soziale Logik
deutlicher erkennen als die erste Supplikation295.

Zudem läßt sich mit dieser Supplikation erneut belegen, wie die besondere Konflikt-
haltigkeit von Herrschaft, aber auch die spezifische Form der Konfliktmanifestation und
des Konfliktaustrags in der Herrschaftsstruktur der Grafschaft Zollern begründet war.

Wie bereits oben dargestellt296, war es den Grafen von Zollern im Laufe des 15. und
16. Jahrhunderts gelungen, den Adel als Grundherrn weitgehend zu verdrängen, den
geistlichen Besitz unter ihre Kontrolle zu bringen und im Ausbau der Territorialstaatlichkeit
die volle Landeshoheit zu erreichen. Im Hinblick auf mögliche Konflikthaltig-
keit von Herrschaft hatte diese nahezu vollständige Zusammenfassung von Herrschaftstiteln
, die zugleich eine weitgehende Monopolisierung von Ansprüchen auf Abschöpfung
bäuerlichen Surplus bedeutet, vor allem zwei Konsequenzen. Da mit dem Prozeß

2.3 Jörg Sinz, einer der Tagelöhner, sagt im Verhör, er sei gleich davon gelaufen, weiß auch kein
ursach (STAS Ho 1 C II 2 b Nr. 4 foL 448v).

2.4 STAS Ho 1 C II 2 b Nr. 5 fol. 264-296, vgl. dazu unten S. 88 f.

2.5 STAS Ho 1 C II 2 b Nr. 4 fol. 9r-19v.
m Vgl. oben S. 26 ff.

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