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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0048
Agathe Kempf

Manch ein Wirt griff zur Selbsthilfe und erstand fremdes Bier oder braute selbst. Dieses
schmackhaftere Bier wurde den Gästen in der Gaststätte verkauft oder zumindest mit dem
minderwertigeren Haigerlocher Bier gemischt, um wenigstens eine geringe Qualitätsverbesserung
desselben zu erzielen193.

Seit 1784 war Sebastian Mayer Beständer des herrschaftlichen Brauhauses zu Haigerloch. Im
Jahre 1807 wurde der Pachtvertrag auf sechs Jahre bis Georgi 1813 erneuert. Am 22. Oktober
1810 starb Mayer. Seine Witwe Rosina Mayer beabsichtigte, die Pachtjahre mit ihrem Sohne zu
vollenden, da noch größere Vorräte an Malz, Gerste und Holz lagerten. Dann verließ die Witwe
Mayer aber auf Martini 1810 das herrschaftliche Brauhaus194.

Die nächsten Pächter waren Anton Bürkle und Joseph Sauter, beide aus Trillfingen. Ihnen
wurde das Brauhaus für das Meistgebot von 17 fl. 15 xr. pro Sud überlassen.

Durch eine ungewöhnlich starke Teuerung der Gerste erzielten die Pächter nur wenig
Gewinn. Die Gerstenpreise waren von 1806/07 bis 1813 um rund 30 Prozent von 40 bis 43 xr.
auf 1 fl. 6 xr. bis 1 fl. 8 xr. pro Viertel geklettert. Die Bierpreise blieben nach höherer Weisung
jedoch konstant.

Im Jahr 1813 war die Ertragslage des Brauhauses so schlecht, daß Sauter die Pacht löste.
Noch im selben Jahr beantragte Anton Bürkle die Annahme seines Sohnes Linus Bürkle als
Pächter, da dieser heiraten wollte. Spätestens seit 1814 war Bürkle jun. Brauhauspächter.

Die Lage der Fruchtpreise besserte sich ab 1813 wieder; die Gerste kostete nun 36 xr. pro
Viertel, da die Ernte quantitäts- und qualitätsmäßig sehr zufriedenstellend ausgefallen war. Im
Jahr 1816/17 jedoch ging der Bierabsatz des herrschaftlichen Brauhauses wegen einer erneuten
Teuerung der Früchte und der gestiegenen Lebenshaltungskosten wieder stark zurück. Die
Leute konnten sich einen hohen Bierkonsum nicht mehr leisten. In den Jahren 1817/18 fiel der
Bierabsatz noch weiter. Wurden im Jahr 1811/12 noch 54 Sude, 1812/13 34 Sude gebraut, so
waren es 1816/17 32 Sude und 1817/18 nur noch 23 Sude. Der stark rückläufige Bierverbrauch
bedeutete sowohl für den Beständer als auch für die Herrschaft einen großen Verlust. Ersterer
mußte um seine Existenz und Lebensgrundlage bangen, letzterer entgingen 17 fl. 15 xr.
Kesselgeld (Biersteuer) pro Sud, das der Beständer für Weiß- und Braunbier zu entrichten hatte.
Zusätzlich minderten die Branntweinbrennereien den Bierabsatz.

Das Rentamt glaubte zunächst an ein Verschulden des Pächters. Dieser wurde verdächtigt,
Sude und damit Kesselgeld zu unterschlagen oder ungenießbares Bier zu brauen. Für den
erstgenannten Vorwurf konnte allerdings kein Beweis erbracht werden. Eine Untersuchung
ergab lediglich, daß Bürkle Bier unterschiedlicher Qualität braute: Besseres Bier schenkte er den
Beamten und örtlichen Honoratioren aus, schlechteres verkaufte er an die gebannten Wirte. Da
sich die Klagen der Wirte häuften, mußte streng durchgegriffen werden. Die Regierung ordnete
an, bei jedem Sud von Faß zu Faß eine Kontrolluntersuchung durchzuführen und die Schwere
des Biers mit einer Bierwaage zu prüfen. Für den Wiederholungsfall wurde Bürkle eine
sofortige Kündigung angedroht. In der Folgezeit blieben Klagen der Bannkunden aus, auch bei
Prüfungen kamen keine Beanstandungen vor. Der Absatz war allerdings auch weiterhin sehr
schwach: Von Georgi 1818 bis August 1818 wurden nur sieben Sude gebraut. Der Hauptgrund
lag wohl in der allgemeinen Hungerszeit.

An Martini 1820 lief die Pachtzeit des Linus Bürkle ab. Schon im Oktober 1818 suchte das
Rentamt unter der Hand einen neuen Pächter. Es wandte sich an Anton Pfeffer, den damaligen
Beständer der Kgl. Württembergischen Brauerei zu Kirchberg. Pfeffer stammte aus Hohenzol-
lern, hatte Vermögen und war als sehr guter Brauer bekannt. Das einzige Hindernis für seine
Einstellung ins Haigerlocher Brauhaus bestand darin, daß Pfeffers Pachtzeit in Kirchberg erst
an Georgi 1824 ablief. Das Kgl. Württembergische Kameralamt erlaubte jedoch, daß Pfeffer für
Kirchberg einen Unterpächter nahm.

193 Vgl. FAS, NVA 26914 und 26907. SAS, Ho 202, FOAH 828.

194 FAS, NVA 2690.

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