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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0135
Rechtspflege in Hohenzollern

lediglich in diejenige Befugnisse ein, die bis dahin dem Oberamt (der Justizkanzlei) zugestanden
hatten. Die Dienstinstruktion von 1846 galt auch für das Oberamtsgericht163, so daß die
Zuständigkeit des Appellationsgerichts nicht geschmälert wurde. Das bedeutete, daß das neue
Gericht in Strafsachen im wesentlichen lediglich Untersuchungsgericht war und daß die
Zuständigkeit der Stadt Hechingen und der Gemeinden in Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit unberührt blieb164. Etwas später wurde freilich klargestellt, daß den Vögten
weiterhin der Erlaß von Zahlbefehlen überwiesen blieb165. Ferner hatte das Oberamtsgericht
Verträge über Rechte an unbeweglichem Vermögen, die ohne gerichtliche Bestätigung nicht
erworben werden konnten, zu prüfen und gegebenenfalls zu billigen166. Der Ubergang der
gerichtlichen Befugnis auf das Oberamtsgericht schloß jedoch nicht aus, daß es sich im
einzelnen Falle der Hilfe des Stadtschultheißen oder der Vogtämter bedienen konnte, wie es
Oberamt und Justizkanzlei auch schon früher getan hatten .

Die Trennung von Justiz und Verwaltung war eben auch in der unteren Instanz - beim
Appellationsgericht konnte man, wie wir gesehen haben, davon ohnehin nicht reden - nicht
vollkommen vollzogen. Dies zeigte sich auch im personellen Bereich. Der anläßlich der
Errichtung des Oberamtsgerichts zum Oberamtsrichter bestellte Justizrat Werner168 zeichnete
auch nach seiner Ernennung zum Oberamtsrichter noch teilweise für das Oberamt169, blieb
auch Landesdeputierter, also Abgeordneter170. Erst die später eingeführte preußische Verfassung
bestimmte in ihrem Artikel 88 grundsätzlich, daß Richtern andere besoldete Staatsämter
fortan nicht übertragen werden durften. Eine von Oberamtsrichter Werner unterzeichnete, an
die Vorsteher und Gerichte der Gemeinden gerichtete Verfügung des Oberamtsgerichts vom
Dezember 1849171 verdeutlicht, daß sich die Justiz von der Verwaltung nur schwer zu lösen
vermochte. Aber immerhin hatte mit der Einrichtung des Oberamtsgerichts der der Rechtspflege
sicherlich nicht sehr zuträgliche Umstand sein Ende gefunden, daß die Stadtbewohner
Hechingens in der Zivilrechtspflege eine Sonderstellung genossen. Die Forderung nach
Einführung von Geschworenengerichten freilich war nicht erfüllt worden. Die Einrichtung des
Oberamtsgerichts blieb nur ein erster Schritt auf dem Wege zu einer unabhängigen Rechtspflege
. Ab 1. Januar 1852 sollte Preußen für weitere Schritte sorgen.

B.2.7 Staatsverträge

Die die Einrichtung einer obersten Instanz betreffenden Verträge mit Hessen und Württemberg172
und die die Strafvollstreckung betreffende Vereinbarung173 wurden bereits erwähnt. Im
übrigen sind für das Fürstentum nur zwei weitere die Rechtspflege berührende Verträge mit
anderen Staaten feststellbar.

In einem mit Württemberg im Jahre 1827 geschlossenen Jurisdiktionsvertrag174 sicherten
sich die Vertragspartner gegenseitige Rechtshilfe zu und trafen u. a. Bestimmungen über die

163 StAS NVA I 8441 M Rs.

164 Vgl. S. 127; Bericht der Regierung in Hechingen vom 25. 5. 1850 in StA NVA II 4488 [16 ff, NVA I
8441 [136^ NVA I 8454.

165 VOBIHe 1848, 351.

166 VOBIHe 1848, 363.

167 Z.B. VOBIHe 1849, 13, 89; 1847, 5.

168 Er war 1836 bei Justizkanzlei und Oberamt eingetreten und 1841 Vorstand des Oberamts geworden.
WOBIHe 1836, 285; VOBIHe 1841, 37.

169 VOBIHe 1848, 481, 493; 1849, 82.

170 VOBIHe 1848, 185, 303.

171 VOBIHe 329.

172 Vgl. S. 131-132.

173 Vgl. S. 129.

174 RegBl 1827, 245, 151.

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