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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0158
Wilhelm Haase

C. DIE ZEIT DER PREUSSISCHEN GERICHTSVERFASSUNG (1852-1879)

Nach dem Übergang der Fürstentümer an Preußen stand die preußische Justizverwaltung
vor der Aufgabe, nicht nur die Verhältnisse innerhalb Hohenzollerns zu vereinheitlichen,
sondern auch eine Lösung zu finden, die dieses weit vom übrigen Preußen entfernte Gebiet in
die Gerichtsorganisation des preußischen Staates einfügte374. Dabei waren, wie es Art. 86 der in
Hohenzollern in Kraft gesetzten preußischen Verfassung erforderte, die Unabhänigkeit der
Richter zu gewährleisten und die Justiz von der Verwaltung zu trennen375. Für die Rechtspflege
waren damals in dem kleinen übernommenen Gebiet immerhin zuständig: Die Gemeinden,
neun Oberämter, ein Oberamtsgericht, ein Hofgericht und ein Appellationsgericht. Auch diese
Zersplitterung erforderte eine Vereinheitlichung.

C.l Vorbereitende Maßnahmen

Die Eingliederung Hohenzollerns in den preußischen Staat im einzelnen hatte ein königlicher
Kommissarius für die Hohenzollernschen Fürstentümer vorzubereiten, der seinen Sitz in
Sigmaringen nahm. Erster Inhaber dieses Amtes war der ehemalige Regierungspräsident in
Düsseldorf, Freiherr von Spiegel-Borlinghausen. Zu seinen Mitarbeitern gehörte von Juni 1850
bis Mai 1851 der zum Ministerial-Kommissarius für die Justizorganisation bestellte Staatsanwalt
Giesecke aus Potsdam mit dem Auftrage, die künftige Organisation der Gerichtsbehörden an
Ort und Stelle vorzubereiten376. Er entfaltete eine umfangreiche Tätigkeit, holte Berichte der im
Lande angetroffenen Gerichtsbehörden ein, bereiste - mit Ausnahme Achbergs - den ganzen
Bezirk und erstattete seinerseits dem Justizminister in Berlin eingehende Berichte377.

Schon vor der Ernennung des Justizkommissars hatte Freiherr von Spiegel daraufhingewiesen
, daß zweckmäßigerweise mit dem Aufbau der neuen Justizorganisation zu beginnen sein
werde, da sich die Verwaltung erst nach einer vollständigen Ausgliederung der Justiz aus ihr
organisieren lasse und daß man Hohenzollern mit seinen damals etwa 68000 Einwohnern
wegen seiner weiten Entfernung zum übrigen Preußen eine 2. Instanz im Lande wohl nicht
werde versagen können378. Der den Staatsanwalt Giesecke beauftragende Ministerialerlaß vom
Juni 1850 greift diesen letzten Gedanken teilweise auf, spricht sich für ein in Hohenzollern zu
errichtendes Kreisgericht aus, dem aber gegenüber den übrigen Kreisgerichten erweiterte
Befugnisse zuzugestehen sein würden, und zieht als nächsthöhere Instanz das Appellationsgericht
Arnsberg in Westfalen in Erwägung379. Der Justizkommissar selbst schlug schon im
Oktober 1850 Hechingen als Sitz eines Kreisgerichts vor380. Über die Tätigkeit des Justizkommissars
im einzelnen geben die erwähnten und andere Archivalien mancherlei Aufschluß381.
Sofortige Maßnahmen beschränkte er offensichtlich auf das Allernotwendigste382. Das Ergeb-

374 Vgl. auch Immediatbericht vom 2. 7. 1850. VOBlRegHe S. 124.

375 GesS 1850, 295, 30.

376 GStA Rep. 84 a Nr. 9444 \1061 Nr. 9445 \262.

377 Für den heutigen Betrachter mag vielleicht besonders beachtenswert sein, daß sich seine Erhebungen
natürlich auch auf die Entfernungen der einzelnen Ortschaften von Hechingen und Sigmaringen -
Sigmaringen war als Sitz eines Kreisgerichts selbstverständlich nicht von vornherein ausgeschlossen worden
- erstreckten. Beispielsweise wurden ihm folgende Entfernungen angegeben: Grosselfingen-Hechingen
2V* Stunden, Grosselfingen-Sigmaringen 14% Stunden, Glatt-Sigmaringen 14 Stunden, Hechingen -
Haigerloch 3 Poststunden. GStA Rep. 84 a Nr. 9450.

378 GStA Rep. 84 a Nr. 9444 \96, Nr. 9450 |3, 15.

379 STAS Ho 235 A Nr. I 319 I. Bd. \104 ff, 117.

380 GStA Rep. 84 a Nr. 9444 J2/0; StAS NVA I 8442 n.

381 Z. B. ohne Anspruch auf Vollständigkeit: GStA Rep. 84 a Nr. 9444-9448; StAS NVA I 8441-8445.

382 StAS Ho 235 A Nr. I 319 L Bd. U3X

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