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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0214
Gerd Friedrich Nüske

deutschen Landes für eine noch gar nicht ausgehandelte französische Besatzungszone in
Deutschland - hätte wohl schwerer wiegen müssen als der französische Ausgriff in einigen
Gebirgslandschaften. Gleichwohl hatte das amerikanische Nachgeben im Fall Stuttgart offenbar
zu Folge, daß sie beim nächsten, vergleichsweise leichterwiegenden Fall unnachgiebig
waren, ja im Gegenteil sich jetzt auch wegen des noch in der Schwebe befindlichen Stuttgarter
Problems für eine harte Haltung entschieden.

Auch anderswo wollte de Gaulle durch entschlossenes Vorgehen unabänderliche Gegebenheiten
schaffen. In den letzten Kriegstagen ließ er französische Truppen in die nordwestitalienische
Provinz Cuneo einmarschieren. Das Ziel war die Einverleibung einiger italienischer
Provinzen. Nach dem französischsprachigen Aostatal hat die französische Offensive ihren
Namen bekommen, gedacht war aber wohl an mehr: Nous voulions aussi nous incorporer les
cantons, naguere savoyards, de Tende et de La Brigue. Peut-etre en ferions-nous autant de
Vintimille, suivant ce que souhaiteraient les habitants92. Nun wurden die besetzten Gebiete teils
verwaltungsmäßig unmittelbar an Frankreich angegliedert, teils erhielten sie - wie das Aostatal
- eine französische Verwaltung, obwohl sie von amerikanischen und französischen Truppen
sowie von italienischen Partisanen besetzt waren93.

Wie schon zuvor in Stuttgart so forderten auch in Oberitalien die Amerikaner die
französischen Truppen auf, sich zurückzuziehen. Wie schon zuvor in Stuttgart widersetzten
sich dem die Franzosen und wie in Stuttgart gab de Gaulle persönlich die Anweisung dazu. Ja,
den Amerikanern wurde sogar geantwortet, Frankreich wolle das Aosta mit allen Mitteln ohne
jede Ausnahme behaupten, also auch mit militärischer Gewalt94.

Auch über das Val d'Aosta war ein wochenlanger Telegrammwechsel zwischen Paris und
Washington entstanden95. Gleichfalls korrespondierten die amerikanischen Diplomaten eifrig
mit ihrem Ministerium. Vom 17. Mai 1945 datierte ein Telegramm des Political Adviser beim
Alliierten Oberkommando Mittelmeer mit neuen Schreckensmeldungen aus Italien: Situation
on Franco Italian border still reported by G-2 as very serious witb French continuing to infiltrate
troops and others under military cover who change to civilian clothes and parade as Italians
favoring French annexation%.

Durch bloß papierene Proteste war die unnachgiebige Haltung der Pariser Provisorischen
Regierung aber nicht zu beeinflussen. Der neue amerikanische Präsident Harry S. Truman
richtete schließlich ein von Verbitterung zeugendes Schreiben an de Gaulle. Er gab seiner
Empörung über die Drohung Ausdruck, daß französische Soldaten, ausgerüstet mit amerikanischen
Waffen, auf amerikanische Soldaten das Feuer eröffnen könnten, die mit ihren Waffen
eben erst zur Befreiung Frankreichs beigetragen hatten: While this threat by the French
Government is outstanding against American soldiers, I regret that I have no alternative but to

92 De Gaulle (wie Anm. 8) S. 180.

93 Beste Einordnung des Aostakonflikts bei Lipgens (wie Anm. 8) S. 93 f.

94 In englisch inseriert in: The Acting Secretary of State to the Ambassador in France, Caffery Qune 6,
1945), in: FRUS, 1945IV S. 734 f.: On May 30 General Doyen, commanding the French Army in the Alps...
referring to an attempt to estahlish Allied Military Government in the Province of Cuneo:... I have been
ordered by the Provisional Government of the French Reto occupy and administer this territory. This mission
being incompatihle with the Installation of an Allied military agency in the same region, Ifind myself obliged
to oppose it. Any insistence in this direction would assume a clearly unfriendly character, even a hostile
character and could have grave consequences... On June 2 [...]received anotherletter from General Doyen
referring to his previous Letter: ... General de Gaulle has instructed me to take as clear as possihle to the
Allied Command that I have received the order to prevent the setting up of Allied Military Government in
territories occupied by our troups and administered by us by all necessary means without exception.

95 Vgl. FRUS, 1945 IV S. 725 ff.

96 Mr. Alexander C. Kirk, United States Political Adviser to the Supreme Allied Commander,
Mediterranean Theater, to the Secretary of State (May 17, 1945), in: FRUS, 1945 IV S. 729.

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