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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0267
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

Stellung einnehmen könne. Martzloff riet, an die badische Verfassung von 1919 anzuknüpfen,
nach welcher nicht ein besonderer Staatspräsident, sondern eine Regierung gewählt wurde.
Danach verminderte es nicht, daß die SPD auch die Institution eines Ständerats mit deutlichen
Worten ablehnte. Martzloff verband den Ständerat sogleich mit einer Ständeverfassung, wenn
er sagte: Eine Ständeverfassung habe z. B. das faschistische Italien, wobei er nicht gesagt haben
wolle, daß die von Dr. Fecht berührte Ständefrage mit der in Italien geschaffenen Ständeverfassung
in Einklang gebracht werden könne. Auch hier empfahl er dringend, das Einkammersystem
der badischen Verfassung von 1919 wieder aufleben zu lassen. Der Abgeordnete Vortisch
von den Liberalen ging vor allem auf die zukünftige Wirtschaftsordnung ein. Einen Staatspräsidenten
lehnte auch er ab und forderte statt dessen einen Ministerpräsidenten, wie die
schweizerischen Kantone ihn hätten. Auch den Gedanken an eine zweite Kammer wiesen die
Liberalen zurück.

Die zweite Sitzung des Rechtspflege- und Verfassungsausschusses fand bereits am nächsten
Tag, am Nachmittag des 26. März 1947, statt, nachdem am Vormittag Besprechungen mit der
französischen Militärregierung abgehalten worden waren274. Die Debatte zwischen den
Mitgliedern des Ausschusses konzentrierte sich bezeichnenderweise auf die Frage des Staatspräsidenten
. Die BSCV forderte für den einschlägigen Artikel 26, daß ein Staatspräsident
vorgesehen werde, der den Ministerpräsidenten und, auf dessen Vorschlag, die Minister und
Staatsräte ernennen sollte. Minister und Staatspräsident sollten vom Vertrauen des Landtags
abhängig sein. Sozialdemokraten, Kommunisten und Liberale lehnten diese Forderung einhellig
ab. Danach vertrat Fecht mit Nachdruck die Forderung der BSCV. Ähnlich wie der
Abgeordnete Niethammer in Bebenhausen begründete auch Fecht seine verfassungspolitischen
Forderungen mit seinen Erfahrungen als Reichstagsabgeordneter während der Weimarer
Republik. Aber anders als der Reichsgerichtsrat Niethammer stellte Fecht auf den Zentralismus
der Weimarer Reichsverfassung und die zunehmende Schwächung der Länder am Ende der
Republik ab: Ich bin der Auffassung, wenn wir eine andere Struktur des deutschen Reiches
gehabt hätten, wenn wir einen wirklichen Bundesstaat gehabt hätten, wären wir nicht in das
Unglück hineingeraten, in das (sie!) wir 1933 alle miteinander ertrunken sind. Hätte jedes Land
seinen eigenen Staatspräsidenten gehabt, so wäre es nicht möglich gewesen, daß in Berlin unser
Einfluß immer mehr schwand im Interesse der Zentralgewalt275. Fechts Erläuterungen
offenbarten, wie weit der Föderalismus in seinen Vorstellungen gehen sollte: Wir haben uns die
Frage vorzulegen, ob wir diplomatische Beziehungen zu anderen Ländern anknüpfen276. Er
begriff den Staatspräsidenten offenbar sehr stark als äußeres Zeichen eines föderativen
deutschen Staatssystems.

Während Fecht den Staatspräsidenten für unverzichtbar erklärte, suchte er die Bedeutung
eines eventuellen Ständerats zu relativieren277. Zugleich aber empfahl er den Ständerat als
Sachverständigenberatung des Landtags. Dem Landtag könne solch ein Expertengremium nur
willkommen sein, wobei freilich die Rolle des Parlaments nicht eingeschränkt werden sollte:
Der Landtag ist und bleibt aber die letzte Instanz. Bemerkenswert war der Hinweis Fechts auf

274 Sitzung des Rechtspflege- [und Verfassungs-] auschusses vom 26. 3. 1947, in: StA Freiburg AI
[Badischer Landtag].

275 Ebd. S. 4.

276 Ebd. S. 5. Fecht hatte den Widerstand, der in diesem Zusammenhang zu erwarten war, vorausgesehen
, denn er schränkte die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen sodann auf die unmittelbaren
Nachbarn ein: Ich würde es, solange es nicht möglich ist, deutsche Vertretungen zu haben, für außerordentlich
wertvoll halten, wenn wir mit unseren Nachharn derartige Beziehungen hätten... Wir haben in Berlin
immer darum gekämpft, daß der deutsche Gesandte in Berlin ein Badener sein müßte, der mit den badischen
Verhältnissen vertraut ist...

277 Ebd. S. 5: Wir müssen entweder auf die Eigenstaatlichkeit verzichten, oder aber wir müssen die
Eigenstaatlichkeit durchdenken und durchführen.

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