Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0291
Besprechungen

Bayern, Württemberg, Baden, ja selbst der Hohenzollernschen Lande - aufweist. Es zeigt aber deutlich,
daß mit Engagement und gründlicher Auswertung der meist nur bruchstückhaft erhaltenen Archivalien
doch umfassende und wichtige neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Der Band, übrigens eine
Gemeinschaftsarbeit aus der Schule von Hansmartin Decker-Hauff, gliedert sich in drei Teile: eine
Darstellung zur Geschichte der Verwaltung von Franz Quarthai, Karten zur Verwaltung mit Erläuterungen
von Georg Wieland und einen ausführlichen Personalteil, der die Beamten der zentralen und nachgeordneten
Behörden aufzählt, wobei sogar das Personal der Universität Freiburg ebenso gebracht wird wie
die auffallend große Zahl von Vasallen. Eine Reihe interessanter Abbildungen - von Portraits der österreichischen
Regenten und hohen Beamten sowie von historischen Gebäuden - trägt sehr zur Anschaulichkeit
bei.

In der behördengeschichtlichen Untersuchung (S. 43-162) erweist sich Franz Quarthai als derzeit bester
Kenner der Materie. Sie geht weit über die oft nur spärlichen Passagen zu Vorderösterreich in den bisherigen
verfassungs- und verwaltungsgeschichtlichen Werken hinaus. Auf breiter Quellengrundlage wird eine
genaue Anschauung des Funktionierens der Behörden bis in einzelne Vorgänge hinein vermittelt. Hierbei
kommen dem Verfasser wichtige Ergebnisse seiner inzwischen ebenfalls erschienenen Dissertation zugute
(Franz Quarthai: Landstände und landständisches Steuerwesen in Schwäbisch-Österreich (Schriften zur
südwestdeutschen Landeskunde 16. 1980). Die Verwaltungsgeschichte setzt 1753 ein, mit dem Zeitpunkt
also, als die Vorlande eine selbständige Regierung in Freiburg erhielten und eine weitgehende verwaltungsmäßige
Umstrukturierung erfuhren. Es liegt Quarthai daran herauszuarbeiten, daß in Vorderösterreich der
absolutistische Fürstenstaat beachtliche Leistungen zeitigte, weil doch gerade hier die Gegebenheiten - eine
Vielzahl von Herrschaften, regionale Besonderheiten, differenzierte Rechts- und Besitzverhältnisse,
Splitterbesitz - einer durchgreifenden Vereinheitlichung der Verwaltung stärker im Wege standen, als dies
in den übrigen Erblanden der Fall war. Die Reformen Maria Theresias und Josephs II. in den Vorlanden
verliefen nicht geradlinig, einige Fehlentwicklungen machten Korrekturen notwendig. Dennoch wird
eindringlich klar, wie der absolutistische Staat hier nach und nach alle Bereiche, auch die Organisation der
Landstände, unter seine Kontrolle brachte. Der Akzent der Darstellung liegt auf dem Erfolg von Reformen,
wodurch die Wien entlegenen, administrativ rückständigen Gebiete am Oberrhein und in Schwaben
durchaus den Anschluß an die Entwicklung in den anderen österreichischen Erblanden gewinnen konnten.
Die - übrigens schon von Zeitgenossen aufgegriffene - Frage, ob die Vereinheitlichung der Verwaltung und
die direkte Unterstellung der Vorlande unter die Zentralregierung in Wien nur Voneile brachte, nachdem
jahrhundertelang die oberösterreichische Regierung in Innsbruck zuständig gewesen war, wird in diesem
Zusammenhang nicht gestellt.

Die nützlichen Karten erleichtern eine Orientierung angesichts der komplizierten vorderösterreichischen
Herrschaftsverhältnisse. Hierzu sei insbesondere auf die knappen, doch sehr informativen Erläuterungen
von Georg Wieland (S. 163-169) hingewiesen, denn sie gehen auf die Überschneidungen,
Verzahnungen und Verschachtelungen der österreichischen Herrschaften mit denen der benachbarten
Reichsstände und Reichsritter ein. An einer Fülle von Beispielen wird sichtbar, wie verschiedenartig diese
nachbarschaftlichen Verflechtungen mit Österreich - ein Charakteristikum Schwabens - sein konnten;
lagen doch Landeshoheit, Steuerbarkeit, hohe und niedere Gerichtsbarkeit, Forst- und Jagdgerechtigkeit
usw. oft in verschiedener Hand. Vorderösterreichische Rechte sind vor allem in Form von Pfandschaften
oder, im 18. Jahrhundert auffallend verstärkt, als Lehen vergeben worden. In diesem Zusammenhang ist das
Verzeichnis der vorderösterreichischen Vasallen (S. 208-213) im Personalteil bemerkenswert: nahezu alle
geistlichen und weltlichen Reichsstände im Schwäbischen Kreis, so auch der Fürst von Hohenzollern-
Sigmaringen, gehörten dazu, ebenso ein großer Teil der Reichsritterschaft. Hier kommen traditionelle, ins
Spätmittelalter zurückreichende Bindungen zum Tragen, die von nicht zu unterschätzender Bedeutung
waren, wodurch die Grenzen oder die Problematik einer Modernisierung in diesem besonderen Teil der
österreichischen Herrschaft deutlich werden. Somit geben die Erläuterungen zu den Karten und das
Vasallenverzeichnis im Personalteil eine beachtenswerte Ergänzung zu der Verwaltungsgeschichte.

Der Personalteil fußt im wesentlichen auf den ebenfalls verstreut liegenden, erstmals zusammengetragenen
gedruckten vorderösterreichischen Schematismen. Er enthält vollständige Personenlisten zu sämtlichen
vorderösterreichischen Zentralbehörden (Präsident, Repräsentation und Kammer, Kanzlei, Lehenhof,
Kommissionen für Kommerz, Polizei, Schulen usw., Berg-, Forst-, Postamt, Militär-Oberkommando),
Justizstellen, Universität und Schulen in Freiburg; außerdem zu sämtlichen Oberämtern, Zollämtern und
nicht zuletzt zu den schon erwähnten Vasallen wie den Landständen des Breisgaus und Schwäbisch-
Österreichs. Verzeichnet werden: Name, Vorname, akademischer Grad, Dienstzeit, spätere Beschäftigung
außerhalb Vorderösterreichs, Besoldungshöhe, gegebenenfalls Titel und Besitz von Herrschaften. Die

289


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1982/0291